Beim Essayisten klingt das alles allerdings etwas arg zynisch. - Da sind "die Pädagogen" in den 70er Jahren stehen geblieben, in den deutschen Kultusministerien herrscht rote Monokultur (11 von 16 Kultusministerien macht 68,75% = Monokultur? SPD=rot?), Lehrer träumen vom Klassenkampf und haben nicht mitbekommen, dass es kein Proletariat mehr gibt (stimmt ein bisschen: Heute sagt man besser "Prekariat" - mit und ohne Abitur), die Pädagogen stellen den Elternwillen (nach Abitur) über Alles, Leistung spielt keine Rolle mehr in der Schule, Hauptsache die Kinder haben Spaß und kriegen trotzdem das Abi hinterher geschmissen, quod erat demonstrandum in Hamburg: Denn dort feiert der Senat den Rekord von 52% Abiturientenquote. (In Tübingen und anderen Uni-Städten liegt sie übrigens bei ca. 70%; wahrscheinlich weil in den Uni-Städten besonders viele Weich-Eier als Lehrer arbeiten, bei denen Kuschelpädagogik statt Leistung zählt?) -Armes Deutschland...
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Man könnte auch fragen:
- Warum wollen so viele Eltern einen möglichst hohen Bildungsabschluss? (Die Frage ist wohl eher rhetorisch, weil einfach zu beantworten,)
- Würden die Hoffnungen der Eltern in Erfüllung gehen, wenn ihre Kinder Abitur hätten - oder geben sie sich damit Illusionen hin?
- Warum wollten in den 70er Jahren eher die KultusministerInnen als die Eltern, dass möglichst viele Deutsche Abitur machen - und warum ist das heute - besonders noch in Bayern - eher anders herum? Wegen des Kreuzchens am Wahltag?
- Warum konnten die Sozialdemokraten 1963 zum Thema "Aufstieg durch Bildung" einen Kongress machen und damit auch WählerInnen gewinnen? Und warum gewinnen sie heute damit keinen Blumentopf mehr?
- Wenn Heinz-Elmar Tenorth in der FAZ sagt: "Schule ist ein System der Erzeugung von Differenz und nicht von Gleichheit" - Will er dann damit die Schulen beschreiben, wie sie gerade sind? Oder wie sie sein sollten? Oder wie sie nicht sein sollten? (Die ist keine rhetorische und auch keine polemische, sondern eine echte Frage. Und die Antwort gäbe uns Auskunft über die Ansicht von H.E. Tenorth über die deutschen Schulen, aber nicht über die Schulen in selber.)
- Wann sind Ziffernnoten gut und wozu? Und wozu sind sie nicht gut? Braucht man sie vielleicht manchmal und in anderen Situationen reichen nicht aus?
- Was messen die PISA-Tests und was messen sie nicht? Messen sie das, was uns wichtig ist - und warum ist uns/mir DAS wichtig? Und WARUM findet der Eine DAS wichtig und die Andere vielleicht gar nicht? Und wie einigen wir uns dann?
- Wie genau soll das Bildungs-System in der Zukunft aussehen? Und warum will ich, dass es so aussieht und wie einige ich mich mit den Anderen?
- Wo hilft uns die empirische Unterrichts-Forschung - und wo kann sie uns auch nicht weiterhelfen?
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Der Essay im SPIEGEL ist unsachlich und trägt nichts zur Wahrheitsfindung bei. Er erscheint mir wie eine Art verspätete Rote-Socken-Kampagne auf dem Gebiet der Bildungspolitik gegen ein angenommenes "rotes-Monokultur-Phantom" in Deutschlands Kultusministerien. - Was Schwarz-Weiß-Malerei ist.
Mehr zu den Themen:
Ideologie in der Bildung, Sitzen-Bleiben, Schul-Zensuren und Ehrgeiz, Klassenloser Gesellschaft und "meritokratischer Illusion", zur Illusion der Chancengleichheit und zur Mathetik, (auch über Pferde und Osterhasen im Bildungssystem) findet man/frau in diesem BLOG (und anderswo).
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