Donnerstag, 23. Mai 2013

Ferdinand Lasalle, Erhard Eppler, die Expertengruppe Lehrerbildung BW und Peter Fratton


 Sollen eigentlich Privat-Unternehmen und Privat-Unternehmer bestimmen können, wie und was in einem demokratischen Staat in den Schulen gelernt wird? - In einem radikal-marktwirtschaftlichen Staat ganz bestimmt.
In einem marktwirtschaftlichen Staat wird man sie anhören wie andere Player der Zivilgesellschaft auch, denn die meisten SchülerInnen möchte später einen Arbeitsplatz in einem Unternehmen finden und wollen wissen, welche Fertigkeiten sie in ihrem Beruf benötigen werden, welche gefragt sind:
Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir.


Für das Leben. Nicht nur für Arbeit & Beruf allein. Deshalb sagt (z.B.) der Theologe Fulbert Steffensky über eine humane Gesellschaft:
Eine solche Gesellschaft weiß, dass das Ziel des Menschen nicht seine Verwendbarkeit ist. Dies ist aber ein Grundwissen der Humanität:
Dass kein Mensch eines Zweckes wegen da ist.

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Heute, am 23. Mai 1863, vor 150 Jahren, wurde die SPD gegründet. In einem Interview aus diesem Anlass sagte Erhard Eppler, (* Dezember 1926):
Ferdinand Lassalle (1825-1864)
"Die Arbeitsminister waren immer Gewerkschafter, in CDU- und SPD-geführten Bundesregierungen. Hans Katzer unter Ludwig Erhard, Walter Arendt unter Willy Brandt, Norbert Blüm unter Helmut Kohl. Das Ministerium prüfte, was Gesetze für Arbeitnehmer praktisch bedeuten, und konnte dem Wirtschaftsministerium Paroli bieten. Schröder hat Wolfgang Clement, der ein Marktradikaler war und ist, zum Wirtschafts- und Arbeitsminister gemacht. Damit fiel diese Kontrolle aus. Das hat das Gleichgewicht im Kabinett zerstört."
Job des Arbeitsministers war es, dem Wirtschaftsminister ggf. Paroli zu bieten und in der Regierung selber die Interessen der ArbeitnehmerInnen zu vertreten. - Eine gute Tradition.

Am Ende des Interviews sagt Eppler:
"Lassalle hat vor 150 Jahren gesagt: Die Manchester-Kapitalisten würden ihre Kriege am liebsten von Aktiengesellschaften führen lassen. -  Schauen Sie sich die Söldnerfirmen im Irak an – es ist Realität geworden.

Lassalle sagte: Sie werden auch noch die Polizei privatisieren.
Das gibt es so nicht – aber die privaten Sicherheitsfirmen nehmen zu. -
Der Marktradikalismus ist in Gebiete eingedrungen, die wir uns nie hätten träumen lassen. Wenn es die SPD nicht gäbe, man müsste sie heute gründen."


Seit dem Staat das Geld genommen wurde (in Deutschland und in den USA lagen die Höchststeuersätze nach dem 2. Weltkrieg zum Teil bei 90%...) geht auch Deutschlands Schulen und Universitäten das Geld aus. 

Der Spitzensteuersatz in den USA lag nach 1940 20 Jahre lang um 90%
Video dazu (9 Minuten)


Schulen und Universitäten müssen bei Unternehmen und Stiftungen betteln gehen, und manch eine Universität hat offenbar inzwischen ihre Forschungs-Seele an bestimmte Privat-Unternehmen verkauft: "Wes Brot ich ess, des Lied ich sing". (Googeln Sie mal "Korruption in der Uni...)


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In der aktuellen Expertengruppe zur Weiterentwicklung der Lehrerbildung in Baden-Württemberg saß bis zu seinem Rückzug in dieser Woche auch auch Peter Fratton, ein gelernter Lehrer, der später zum Unternehmer, zum Bildungs-Unternehmer, wurde. Ein Mann der Praxis, nicht der Bildungs-Theorie. In der offiziellen Biografie der Expertenkommisssion heißt es:
Peter Fratton
Geb. 1948 in Thal St. Gallen, Lehre als Fotograf,
Primarlehrerausbildung am Lehrerseminar Kreuzlingen,
Reallehrerausbildung, Lehrtätigkeit an staatlichen
Schulen, 1980 Gründung der SBW-Haus des
Lernens in Romanshorn auf der Basis des autonomen
Lernens in der gestalteten Umgebung, 1984
Gründung der Schule für Gestaltung und zahlreicher
weiterer Schulen, 1997 Gründung einer eigenen
Entwicklungsabteilung für interne und externe
Schulentwicklung, 2004 Abgabe der operativen und
strategischen Führung aller Häuser des Lernens im
Rahmen der Nachfolgeregelung, seit 2005 Pädagogischer
Begleiter der Würth-Stiftung, Vortragstätigkeit
zum Konzept des autonomen Lernens in der
gestalteten Umgebung und Begleitung von Schulen
auf dem Weg zu einem Haus des Lernens, seit
2008 Mitglied des Stiftungsrates der Internationalen
Schule St. Gallen, 2012 Gründung der Stadtschule
St. Gallen zusammen mit Bettina Würth.



Die Bildungs-Unternehmen, in denen P. Fratton, seine Frau und sein Umfeld (Andreas Müller vom Institut Beatenberg u.a.) arbeiten, sind Aktien-Gesellschaften - und da fallen einem doch Lasalle und Eppler wieder ein:

"Die Manchester-Kapitalisten würden ihre Kriege am liebsten von Aktiengesellschaften führen lassen. -  Schauen Sie sich die Söldnerfirmen im Irak an – es ist Realität geworden.
Lassalle sagte: Sie werden auch noch die Polizei privatisieren. Das gibt es so nicht – aber die privaten Sicherheitsfirmen nehmen zu.
Der Marktradikalismus ist in Gebiete eingedrungen, die wir uns nie hätten träumen lassen." - 
Sie werden auch die Bildung und die Schulen privatisieren.(Siehe dazu den POST über Schulen in Spanien in Zeiten der Krise).

Auch wenn man in Frattons Lernhäusern Einiges lernen und ab-schauen kann, z.B. die schöne Gestaltung von Schulhäusern ("Lernumgebungen"), die Abschaffung des "7-G-Unterrichts" oder wie man aus Lernhäusern "Geldhäuser" machen kann  (beim Abschauen muss man ordentlich bezahlen) ... - die Frage bleibt:

Kann man das nicht auch woanders lernen?
Muss das so sein?


Insofern ist der Rückzug zu begrüßen. 

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p.s.
Für ChristInnen und TheologInnen.

Im Neuen Testament gibt es eine Geschichte, die geht so:

Die Tempelreinigung: Markus 11,15-19
Dann kamen sie nach Jerusalem. Jesus ging in den Tempel und begann, die Händler und Käufer aus dem Tempel hinauszutreiben; er stieß die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenhändler um und ließ nicht zu, dass jemand irgendetwas durch den Tempelbezirk trug. Er belehrte sie und sagte: Heißt es nicht in der Schrift: Mein Haus soll ein Haus des Gebetes für alle Völker sein? Ihr aber habt daraus eine Räuberhöhle gemacht.

Die Tempelreinigung: Matthäus 21,12-17
Jesus ging in den Tempel und trieb alle Händler und Käufer aus dem Tempel hinaus; er stieß die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenhändler um und sagte: In der Schrift steht: Mein Haus soll ein Haus des Gebetes sein. Ihr aber macht daraus eine Räuberhöhle. Im Tempel kamen Lahme und Blinde zu ihm und er heilte sie.

Auf die Schule übertragen würde ich das heute so interpretieren:
"Mein Haus soll ein Lernhaus sein und keine Aktiengesellschaft, die der Profitmaximierung der AktionärInnen dient."




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