Samstag, 9. April 2022

Das Kind, die Ukraine, ist in den Brunnen gefallen. - Putin "in die Speichen fallen, das Steuerrad entreißen" statt nur "die Opfer des Wahnsinnigen zu beerdigen und deren Angehörige zu trösten".

Fantasie von übermorgen
(bzw. vom Weltfrauentag 8. März 2022)

Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!,
Vorsatzblatt der Ausgabe von 1896

Das Vorsatzblatt dieser Ausgabe
von "Die Waffen nieder"
zeigt einen Friedensengel,
der dem Kriegsgott Mars
auf dem Schlachtfeld Einhalt gebieten will.
Quelle
 und als der nächste Krieg begann
da sagten die Frauen: Nein
und schlossen Bruder, Sohn und Mann
fest in der Wohnung ein.

Dann zogen sie in jedem Land
wohl vor des Hauptmanns Haus
und hielten Stöcke in der Hand
und holten die Kerls heraus

Sie legten jeden über's Knie
der diesen Krieg befahl:
die Herren der Bank und Industrie,
den Minister und General.

Da brach so mancher Stock entzwei
und manches Großmaul schwieg.
In allen Ländern gab's Geschrei,
doch nirgends gab es Krieg.

Die Frauen gingen dann wieder nach Haus
zu Bruder und Sohn und Mann
und sagten ihnen: der Krieg sei aus.

Die Männer starrten zum Fenster hinaus
und sahen die Frauen nicht an...

(Erich Kästner 1929)

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Kriegs-Erlebnisse

Die Brücke ist ein deutscher Antikriegsfilm von Bernhard Wicki aus dem Jahre 1959. Er basiert auf dem im Jahr zuvor erschienenen gleichnamigen autobiografischen Roman von Gregor Dorfmeister, der nach eigener Aussage mit diesem Roman seine persönlichen Kriegserlebnisse verarbeitete und veröffentlichte. Die Uraufführung erfolgte am 22. Oktober 1959 in den Alster-Lichtspielen in Mannheim. [Wikipedia]
Es leben auch heute deutsche SoldatInnen und andere Menschen, die in jüngerer oder jüngster Zeit Kriege erlebt und/oder daran beteiligt waren. 

Zum Beispiel:

1999 hat die Bundeswehr mit der Luftwaffe im Rahmen der Operation Allied Force mit etwa 500 Einsätzen zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik an einem (verfassungsmäßig und völkerrechtlich umstrittenen Krieg) – dem Kosovo-Krieg – teilgenommen.

Als am 29. Juni 2021 die letzten deutschen Kräfte der NATO-Mission Resolute Support Afghanistan verließen, endete eine Ära: Rund 20 Jahre lang hatten deutsche Soldatinnen und Soldaten dort "gedient". Man könnte auch sagen "gekämpft". Am 11. September 2001 entsandte der Bundestag die ersten deutschen Soldaten und Soldatinnen nach Afghanistan. „Bis zum letzten Tag unserer Präsenz in Afghanistan haben wir gezeigt, dass wir alle an uns gestellten Aufgaben erfüllen können“, erklärte der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, in seinem Tagesbefehl anlässlich des Einsatzendes im Sommer dieses Jahres.---- Nun ja, "alle gestellten Aufgaben erfüllt"? ...

Insgesamt haben rund 160.000 Soldatinnen und Soldaten am Hindukusch ihren Dienst geleistet. 59 kamen ums Leben – so viele wie bei keinem anderen Bundeswehr-Auslandseinsatz. Nach Angaben des Auswärtigen Amts hat der Einsatz allein bis 2020 über 12 Milliarden Euro gekostet. [Quelle]
Mit den nun von Kanzler Olaf Schalz angekündigten Kriegs- und Aufrüstungsgeldern von 100 Mrd Euro könnte man also ganz schön weit kommen. 8 x so viel wie der Krieg in Afganistan Deutschland gekostet hat. 

Seit fast neun Jahren (seit 2013) sind Bundeswehrsoldaten in Mali im Einsatz. Der könnte jedoch bald enden.  Rund 1400 deutsche Soldaten und Soldatinnen sind derzeit (Februar 2022) im Einsatz in Mali.

Das Wort "Krieg" war lange Zeit verpönt und ein "böses Wort". Für den Krieg in Afghanistan (2001-2021) wurde es von der deutschen Bundesregierung 9 Jahre lang vermieden, die Hälfte der Einsatzzeit in Afghansitan. -
Erst nach dem Tod von drei deutschen Soldaten bei Gefechten mit radikal-islamischen Taliban in Afghanistan im Frühjahr 2010 hatte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) erstmals das Wort "Krieg" in den Mund genommen: Bei der Realität in der Region "kann man umgangssprachlich von Krieg reden", sagte Guttenberg damals.

Quelle

Noch im Februar 2010 hatte die Bundesregierung den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan "neu bewertet" und völkerrechtlich als "bewaffneten Konflikt" bezeichnet. Und davor war von einem "
Stabilisierungseinsatz" der Bundeswehr die Rede.
Putin spricht von einem "militärischen Sondereinsatz" in der Ukraine.

Gibt es (auch) gute und gerechte Kriege /bewaffnete Konflikte/ Stabilisierungseinsätze/ militärische Sondereinsätze?
Ja, sagen die/manche EthikerInnen.
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Die Lehre vom gerechten Krieg (lateinisch bellum iustum)...
  • ... ist eine in der abendländischen Rechtsgeschichte entwickelte Auffassung, der zufolge ein Krieg oder bewaffneter Konflikt zwischen Kollektiven – meist Staaten – dann und nur dann ethisch und rechtlich legitim ist, wenn er bestimmten Anforderungen genügt. 
  • Nach modernem Völkerrecht ist der Angriffskrieg grundsätzlich geächtet und damit das Recht zum Krieg außer Kraft gesetzt; legitim sind allein von den Vereinten Nationen mandatierte „militärische Sanktionen“ zum Zweck der Friedenssicherung. 
  • Seit 1990 kam es jedoch im Zusammenhang mit humanitären Interventionen zu einer neuen Diskussion um die Möglichkeit von „gerechten Kriegen“.

Tyrannenmord.

Der evangelische Theologe Bonhoeffer 
gehört wohl zu den bekanntesten deutschen Widerstandskämpfern gegen Hitler und das NS-Regime, er wird –sogar im ökomenischen Heiligenlexikon aufgeführt, als Märtyrer angesehen. -
Ab 1940 arbeitete er heimlich für eine der Widerstandsgruppen, dem Kreis um den bekannten Graf Staufenberg, gegen Reichs-Kanzler Adolf Hitler, den "Führer". Allerdings war er bereits 1938 im Widerstand unter Admiral Wilhelm Franz Canaris an und erhielt daraufhin Arbeits- und Redeverbot...
1943 wird er im April verhaftet. Das Attentat vom 22. Juli 1944 auf Hitler war gescheitert, nach Aktenfunden ist Bonhoeffers Beteiligung nicht länger zu leugnen,
er wird in den Gestapo-Keller des Hauptquartiers verlegt.
1945 sah es kurzzeitig so aus, als würde er doch überleben, aber wenige Tage vor Kriegsende wird er in Flossenburg auf Befehl des Führers liquidiert.

Nachdem die NS-Führung für den 1. April 1933 zu einem Boykott der jüdischen Geschäfte in Deutschland aufgerufen hatte und am 7. April mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ jüdische Beamte aus dem Staatsdienst zwangsentlassen wurden, arbeitete der 27jährige Dietrich Bonhoeffer seinen Aufsatz „Die Kirche und die Judenfrage“ aus und hielt ihn als Vortrag unter Pfarrerskollegen. Bonhoeffers Text ist einer der ersten kirchhliche Auseinandersetzungen mit der NS-Rassenideologie, die zudem
die Frage an einem kirchlichen Widerstandsrecht gegen ein staatliches Unrechtsregime stellt.
Das bedeutet eine dreifache Möglichkeit kirchlichen Handelns dem Staat gegenüber:
  1. Erstens (wie gesagt) die an den Staat gerichtete Frage nach dem legitim staatlichen Charakter seines Handelns, d. h. die Verantwortlichmachung des Staates.
  2.  Zweitens der Dienst an den Opfern des Staatshandelns. Die Kirche ist den Opfern jeder Gesellschaftsordnung in unbedingter Wei­se verpflichtet, auch wenn sie nicht der christlichen Gemeinde zugehören. „Tut Gutes an jedermann.“ [...]  
  3. Die dritte Möglichkeit besteht darin, nicht nur die Opfer unter dem Rad zu verbinden, sondern dem Rad selbst in die Speichen zu fallen. Solches Handeln wäre unmit­tel­bar politisches Handeln der Kirche und ist nur dann möglich und gefordert, wenn die Kir­che den Staat in seiner Recht und Ordnung schaffenden Funktion versagen sieht, d. h. wenn sie den Staat hemmungslos ein Zuviel oder ein Zuwenig an Ordnung und Recht verwirklichen sieht. [...] Die Notwen­digkeit des unmittelbar politischen Handelns der Kirche hingegen ist jeweils von einem „evangelischen Konzil“ zu entscheiden und kann mithin nie vorher kasuistisch konstruiert werden.

Was meint er mit diesem Satz?
"Wenn ein betrunkener Autofahrer mit hoher Geschwindigkeit den Kurfürstendamm hinunter rast, kann es nicht die einzige und wichtigste Aufgabe eines Pfarrers sein, die Opfer des Wahnsinnigen zu beerdigen und deren Angehörige zu trösten. Viel wichtiger ist es, denn Betrunkenen das Steuerrad zu entreißen."   

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Können Kriege gerecht sein?:
Glaube, Zweifel, Gewissen -
wie ich als Militärbischof nach Antworten suchte /
Sigurd Rink


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