Schule im Umbau |
Ok, der Titel des Talks war etwas tendenziös: "Einheitslehrer". - Das hört sich nicht wirklich gut an.
Die Diskussion selber verlief recht sachlich - von Ausrutschern und Ausnahmen (besonders beim Politiker) einmal abgesehen.
4 der 5 TeilnehmerInnen sind oder waren LehrerIn an der Geschwister-Scholl-Schule (GSS) in Tübingen. - Das macht durchaus Sinn, denn diese Schule war im 20. Jahrhundert mal für ein paar Jahre Gesamtschule gewesen, und heute beherbergt sie unter ihrem Dach: Die letzte Klasse eine untergegangenen Hauptschule, den letzten Jahrgang (Kl. 10) einer abgeschafften Realschule, drei Jahrgänge des 4-zügigen Schulversuchs "Erweiterte Kooperation" (Kl. 7-9), die ersten zwei Jahrgänge einer 4-zügigen Gemeinschaftsschule (Klassen 5 und 6) sowie ein 4-zügiges Gymnasium (G8). - Also: Ein Haufen Erfahrung ballt sich unter dem Dach mit ca. 150 LehrerInnen und ca. 1500 SchülerInnen. - Die 6. Teilnehmerin des Podiums (die zweite von rechts auf dem Screenschot) war die Präsidentin des Oberschulamtes Tübingen (wie man früher sagte) oder heute: Abteilungspräsidentin der Abteilung 7 des Regierungspräsidiums Tübingen. Abteilung 7 ist die Abteilung für Schule und Bildung. (Keine Schande, wenn man das nicht weiß. - Außer für LehrerInnen vielleicht.)
Screenshot |
Herr Kern, jetzt Landtagsabgeorneter der FDP in Stuttgart, Studienrat und früher u.a. Referendar an der GSS;
Frau Theune, oberste Schulleiterin für alle Schularten an der GSS; Herr Steck, jetzt Moderator beim Lokalfernsehen, früher u.a. Sportlehrer an der GSS;
Frau Pacher, RP Tübingen (siehe oben),
und ganz rechts (im Bild) Herr Bösing, jetzt Leiter des Staatlichen Seminars für Didaktik und Lehrerbildung in Tübingen, früher u.a. Sportlehrer an der GSS.
Statt auf die z.T. emotionalen Aussagen näher einzugehen, über die siche jede_r eine eigene Anschauung machen kann, an dieser Stelle nur die "amtlichen" Anmerkungen der Päsidentin der Abteilung für Schule und Bildung, Frau Pacher:
- Ich bin jetzt 7 Jahre im Amt, ich habe 4 Minister erlebt. Ich sehe, dass es ein rasantes Tempo ist in der Bildungspolitik, aber es ist jetzt nicht extrem schneller als es zuvor (Einführung von G8, Werkrealschule) war. Was ich mir wünschen würde, dass wir dieses Tempo herausnehmen könnten und überparteilich und über Legislaturperioden hinaus Konsens finden könnten.
- Das Thema Inklusion
hat nichts mit einer neuen oder alten Landesregierung zu tun, sondern mit der Unterzeichnung der UN-Konvention und ist daher in ganz Deutschland umzusetzen. - Die Lehrerversorgung am Gymnasium nach der Einführung von Gemeinschaftsschulen?
Der Philologenverband hat bestätigt, dass die Lehrerversorgung an den Gymnasien in diesem Jahr sehr gut ist, dass es möglich war, Überstunden abzubauen.
- Haben Privatschulen mehr Zulauf als früher?
Während meiner Amtszeit habe ich erlebt, dass viele neue private berufliche Schulen gegründet worden sind. Aber ich sehe keine Gründungswelle im allgemeinbildenden Privatschulbereich. Wir haben sehr gute, sehr etablierte private Schulen hier im Raum, die haben jeweils ihre Bedeutung, sind aber alle schon sehr lange vorhanden.
Abi-Prüfung in Frankfurt/Main |
- Begabtenförderung am Gymnasium:
Am Tübinger Uhlandgymnasium gibt es einen Hochbegabtenzug, also den Weg über eine besondere Förderung. Und wir haben im Regierungspräsidium über die letzten 2 Jahre ein EU-gefördertes Projekt gehabt, in dem wir uns speziell mit der Hochbegabtenförderung zusammen mit Partnern in Österreich auseinander gesetzt haben, und wir haben festgestellt, dass es nicht von Beudtung ist, ob die Förderung in einem speziellen Zug erfolgt oder allgemein; wichtig ist, dass es passiert, dass begabte Schüler_innen besonderes Futter bekommen, besondere zusätzliche Aufgaben, so wie auch schächere Schüler_innen besondere Unterstützung brauchen. - Spüren Sie aktuell verstärkt Druck von Eltern, Schulen?
Es ist richtig, dass die Kürzungen, die es in letzter Zeit bei den Lehrer_innen gegeben hat, zu Unmut geführt haben in der Lehrerschaft. Ich habe auch in früheren Zeiten schon Eltern-Proteste erlebt, aber ich erlebe nicht, dass bei der Einführing der Gemeinschaftsschulen starke Elternproteste vorhanden sind.
- Thema Stunden-Ausstattung:
Die Gemeinschaftsschule hat die Stundenausstattung der Werkrealschulen. Als gebundene Ganztagsschule hat sie die Stundenausstattung wie jede andere gebundene Ganztagsschule. Und sie hat, wenn sie inklusive Schule ist, diese Begleitung wie jede andere Schule mit Inklusion auch. - Was hat sich statistische geändert seit es Gemeinschaftsschulen gibt?
Im RP Tübingen gibt es 38 Gemeinschaftsschulen, damit steht das RP landesweit an vorderer Stelle. Für die neue Antragsrunde gibt es 13 neue Anträge, das sind landesweit die geringsten Zahlen. -
Eine große Änderung war der Wegfall der Grundschulempfehlung, dadurch hat sich in allen Schularten etwas geändert. Wir haben einen starken Rückgang bei Haupt- und Werkrealschulen und liegen hier nur noch bei 9-10% im Übertritt.
Von den Realschulen wissen wir, dass etwa 25-30% eine Hauptschulempfehlung haben, wie bisher auch etwa 70% eine Realschulempfehlung und der Rest eine Gymnasialempfehlung. (? siehe das Beispiel am Ende dieses Posts.) Auch früher sind etwa 25% der Kinder mit einer Gymnasialempfehlung auf eine Realschule gegangen. -
Und wir wissen auch, dass etwa 10% der Schüler_innen, die auf dem Gymnsium sind, keine Gymnasialempfehlung haben. - Wir wissen das aus dem Vergleich der Grundschulempfehlungen mit den Übertrittszahlen, nicht aus Abfragen an den Schulen, wir sind also nicht schulscharf in dem Bereich.
Ergänzung: An den Gemeinschaftsschulen in BW hatten Anfang 2013 28% der SchülerInnen eine Realschul-Empfehlung und 12% eine Gymnasial-Empfehlung. |
- Wie sieht es aus mit den Abschlüssen an der Gemeinschaftsschule -
sind die vergleichbar bei Mittlerer Reife und Abitur? Die müssen vergleichbar sein, denn wir haben eine Kultusministerkonferenz, in der Standards festgelegt werden. Jede Schule in Deutschland stellt sich den nationalen Bildungs-Vergleichen, in Klasse 7 der Gemeinschaftsschulen werden genau die Vergleichsarbeiten geschrieben wie an allen anderen Schulen auch. Die Leistung der Gemeinchaftsschulen wird in diesen zentralen Studien erhoben.
____________________________
Ein Beispiel
aus einer Kreis-Stadt im RP Tübingen, ca. 20.000 EinwohnerInnen, ca. 2.300 SchülerInnen,
1 HS/WRS, 1 Realschule, 1 staatl. Gymnasium, 1 privates Gymnasium, 1 Förderschule:
Der Rektor der Realschule berichtet, wie sich der Wegfall der verbindlichen Grundschul-Empfehlung an seiner Realschule auswirkte:
- 55 Prozent der Schüler/innen in den jetzigen 5. Klassen kamen mit einer Empfehlung für die Realschule an die Schule,
- 15 Prozent mit einer Gymnasialempfehlung –
- und 30 Prozent haben eine Empfehlung für die Haupt- oder Werkrealschule.
Bis zum
Schuljahr 2011 / 2012 hatten
- 70 Prozent der Fünftklässler eine Realschulempfehlung,
- 30 Prozent
eine Gymnasialempfehlung.______________________________________
In einer Klasse mit 30
SchülerInnen
|
|||
Ausgewählte
Realschule bis
2011
(z.Zt. der
verbindlichen Grundschulempfehlungen
|
Dieselbe
Realschule 2013
(ohne
verbindliche Grundschulempfehlung)
|
GMS
Durchschnitt
2013
|
|
HS-Empfehlung
|
0
|
9
|
18
|
RS-Empfehlung
|
21
|
16-17
|
8-9
|
Gym-Empfehlung
|
9
|
4-5
|
3-4
|
Stadt
|
Stadt
|
Land BW
|
______________________________________
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen