Mittwoch, 19. August 2015

Von der Gemeinschaftsschule, der ErKo, der FAZ, Frau Dr. Schmoll und einem Schwäbischen Himmelfahrtskommando


Auf jeden Fall:
Eine wunderschöne Zeitungs- Überschrift.
Himmelfahrtskommando
ist ein dem militärischen Jargon entstammender Begriff, der einen besonders riskanten Auftrag bezeichnet, dessen Ausführung mit hoher Wahrscheinlichkeit (aber ungewollt) zum Tod des oder der Ausführenden führt.
Die analogen englischen Begriffe lauten suicide mission (= Selbstmord-Auftrag), glory-or-grave-job (Ruhm-oder-Grab-Auftrag) oder suicide squad (= Selbstmordkommando, wörtlich: „Selbstmordtrupp“).
Der Begriff fand Eingang in die zivile Umgangssprache, wo er allgemein für eine unangenehme und aussichtslose Aufgabe verwendet wird, die man – im Wissen um das fast sicher bevorstehende Scheitern –
dennoch erledigen muss.
[wikipedia]
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Auch sonst weiß man bei Frau Dr. Schmolls Artikeln zur Bildungspolitik immer schon bevor man sie gelesen hat - und eigentlich sogar schon, bevor Frau Schmoll ihren Artikel geschrieben hat - was hinten dabei rauskommen wird. Es ist so wie mit den Schafen in George Orwells Roman "Animal Farm". Nämlich:
„Vierbeiner gut, Zweibeiner schlecht“
 das heißt bei in diesem Fall: 
"Dreigliedriges Schulsystem gut, zweigliedriges Schulsystem schlecht".

... nachblökend, was man ihnen nur lang genug vorbetet, symbolisieren sie, die Schafe,  das „ungebildete gemeine Volk“ und werden von der Propaganda der Führung für ihre Zwecke missbraucht. Jede Diskussion und Kritik der anderen Tiere wird durch ihr minutenlanges Blöken verhindert, indem sie immer wieder den Slogan „Vierbeiner gut, Zweibeiner schlecht“ wiederholen. [wikipedia]
Unter dieser Prämisse stehen alle Artikel zum Thema Schulsystem. Woran liegt das?

Produktbeschreibung/Klappentext von bücher.de:
"Der Begriff 'Elite' wird neuerdings wieder ganz unbefangen gebraucht, vor allem im Zusammenhang mit den neuen Elitehochschulen. Doch lassen sich Eliten schaffen? Und ist dies in einer Demokratie überhaupt wünschenswert? Heike Schmoll nimmt in ihrem fulminanten Lob der Elite die ewigen Elite-Kritiker [...] aufs Korn. Mit Blick auf die Geschichte von Eliten und ihre Bildung zeigt sie, warum wir nicht auf Eliten verzichten können[...]. 

Heike Schmoll zeigt, wie Eliteförderung und Persönlichkeitsbildung miteinander verbunden werden können, damit Deutschland die Eliten bekommt, die es braucht." 


> Weitere Bücher zum Thema Elite.


Elite-Förderung
braucht ein gegliedertes Schulsystem; ein 3-gliedriges System (HS/RS/Gym) scheint dann besser zu sein als ein zweigliedriges (z.B. Gymnasium plus Gemeinschaftsschule) oder gar ein-gliedriges System (Integrierte Gesamtschule). Denn gliedern und auslesen ist das Gegenteil von Integration und Gemeinschaft. Oder?
"Elite

(urspr. vom lateinischen exlegere, „auslesen“) bezeichnet soziologisch eine Gruppierung (tatsächlich oder mutmaßlich) überdurchschnittlich qualifizierter Personen (Funktionseliten, Leistungseliten) oder die herrschenden bzw. einflussreichen Kreise (Machteliten, ökonomische Eliten) einer Gesellschaft. Konkret bezieht sich der Begriff meist auf näher definierte Personenkreise, wie z. B. die Positionselite oder die Bildungselite. Der Elite gegenüber stehen die „Masse“[1] oder der „Durchschnitt“ („Normalbürger“). Als Elitarismus bezeichnet man die Ideologie, die vom Bewusstsein getragen wird, einer Elite anzugehören." [wikipedia]
So viel zur Hermeneutik und zum besseren Verstehen des Artikels von Frau Dr. Schmoll.
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Ein Schulversuch ist ein Schul-Versuch.
  • Der kann gelingen, teilweise gelingen oder auch misslingen.
  • Man kann auf das halb volle und/ oder das halb leere Glas schauen. 
Ein halb volles und ein halb leeres Glas
  • Man braucht Kriterien, um beurteilen zu können, ob ein Versuch gelungen ist.
    Kriterien können sein: Wird eine Elite gefördert? Erreichen mehr Kinder als anderswo einen höheren Schulabschluss? Sind die Kinder glücklicher, sozialer, durchsetzungsfähiger, eigenständiger als an anderen Schulen? Fördert die Schule Einfalt oder Vielfalt? Werden Kinder diskriminiert? - 
  • Von Alexander Sutherland Neill, Pädagoge und langjähriger Leiter der von ihm gegründeten Demokratischen Schule Summerhill in Leiston, stammt die Aussage: "Besser ein glücklicher Straßenkehrer als ein unglücklicher Professor". - Darüber ließe sich trefflich streiten.
  • Und so weiter und so fort. - Über die Kriterien eines Schul-Erfolges sollte man sich auf jeden Fall jeden Fall zunächst verständigen - oder auch streiten.
  • ....
  • In einer Demokratie entscheidet darüber die Mehrheit des Volkes, vertreten i.d.R. durch Parlamente. 
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Das Corpus Delicti: Ein "ominöses Gutachten" (Stuttgarter Nachrichten)



"Einige Personen kennen die Studie, doch nur zwei geben derzeit Auskunft darüber: Eine Redakteurin der „Frankfurter Allgemeinen“, die in ihrer Zeitung von einem „schwäbischen Himmelfahrtskommando“ Gemeinschaftsschule berichtete, und der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, der das Werk vor zwei Monaten erhielt und daran eigentlich nichts Anstößiges entdecken konnte und kann."  Quelle: Stuttgarter Nachrichten

Dann muss man sich wohl 
zunächst leider mal auf das verlassen, was Frau Dr. Schmoll in der FAZund andere Journalistinnen berichten; denn der Zwischenbericht, der sich auf das Schuljahr 2013/2014 (?) bezieht, ist ja "nur intern zu verwenden", wie es heißt.

Frau Dr. Schmoll schreibt in der FAZ:
Nun wurde ein vernichtendes Gutachten über die Gemeinschaftsschule bekannt, das vom Kultusministerium bisher unter Verschluss gehalten wird, den Vermerk „nur intern verwenden“ trägt und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vorliegt.

Frau Allgöwer schreibt in der Stuttgarter Zeitung:
Durch die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ wurde ein 40 Seiten starker Zwischenbericht der Universität Tübingen bekannt, der der Schule zahlreiche Mängel attestiert.

Und Frau Wetzel in den Stuttgarter Nachrichten:
Ein Medienbericht über die Geschwister-Scholl-Schule in Tübingen und ein ominöses Gutachten - das Kultusministerium wehrt sich gegen Vorwürfe, ein „vernichtendes Gutachten über die Gemeinschaftsschule“ unter Verschluss zu halten. Das schulinterne Papier liege ihm gar nicht vor.

Es ergeben sich dadurch natürlich einige Fragen:
  • Wer hat den internen Bericht an Frau Schmoll weiter gegeben? 
  • Cui bono?
  • Frau Schmoll ist keine neutrale Wissenschafts-Journalistin, sondern der CDU, der katholischen Amtskirche, der Konrad-Adenauer-Stiftung und der ehemaligen CDU-Kultusministerin Schavan (heute im Vatikan) eng verbunden. 
  • Rechtlich betrachtet:
    Hat die Weitergabe für die Person, die den Bericht geleakt hat, dienstrechtliche oder strafrechtliche Konsequenzen? Und wer müsste in diesem Fall Anklage erheben? Die Verfasser des Berichtes? Das Kultusministerium in Stuttgart? Das Regierungspräsidiium in Tübingen?
  • Politisch betrachtet:
    War es klug, diesen Bericht nebst Kommentar nicht gleich an die Öffentlichkeit zu geben? Haben insbesondere die Eltern der SchülerInnen nicht auch ein Anrecht darauf, zu erfahren, was in einem Schulversuch gut läuft und was nicht?
  • Inhaltlich betrachtet:
    • Derzeit kann wohl kaum jemand überprüfen, ob Frau Schmoll den Inhalt des Zwischen-Berichts korrekt wieder gegeben hat.
    • Der Bericht war ein Zwischen-Bericht.
      Natürlich ist der erste Adressat eines Zwischenberichtes die Schule, die den Schulversuch (damals im Auftrag der CDU/FDP-Regierung) durchführt. Die Schule möchte von den WissenschaftlerInnen, die von außen auf die Schule schauen, wissen:
      Was läuft gut? Was ist o.k.? Und was sollten/könnten wir verbessern? - 
    • Immer angesichts der Ziele, die sich die Schule gesetzt hat, die der Schule gesetzt wurden.
      Nicht im Angesicht der Ziele eines Journalisten oder einer Journalistin, die - welcher Partei auch immer - nahesteht. Diese Meinungen unterliegt der Pressefreiheit, bleibt aber die Privat-Meinung einer Person oder eines Blattes. 
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Was Frau Schmoll leider nicht recherchiert hat - wozu sie aber genug Zeit gehabt hätte:
  • Was sagen die KollegInnen, die im Schulversuch arbeiten?
  • Was sagen die Eltern der SchülerInnen? Immerhin hat der Schulversuch jedes Jahr seit 2009 mehr Anmeldungen als es Plätze (4 x 28) zu vergeben gibt.
  • Warum hat sie nicht berichtet, dass inwischen der erste Jahrgang der Schule mit der Mittleren Reife die Schule verlassen hat.
Das Schwäbische Tagblatt berichtete schon am Donnerstag 30 Juli 2015 über diesen Abschluss-Jahrgang der Klasse 10:

ErKo bedeutet: Erweiterte Kooperation der Realschule
mit Hauptschule und Gymnasium.
  • Schüler lernen individuell: Erster "ErKo"-Jahrgang hat seinen Abschluss /
  • Zwei Drittel machen weiter bis zum Abitur

·       Bei den Leistungen lagen die Absolventen mit einem Notendurchschnitt von 2,3 um 0,4 Punkte besser als der langjährige Wert der Realschule.
·       23 Prozent der Schüler erreichten einen Einser-Notenschnitt.
·       Die Hälfte der Absolventen bekam Preise und Belobigungen, sagt Friedrichsdorf.
·       Das begründet er damit, dass sich Lehrer als "Coaches" intensiv um die Lernentwicklung von je neun Kindern kümmern.


Da ist man doch gespannt, 
wie es kommt, dass dieser Schulversuch trotz all der Mängel, die im Zwischenbericht (nach Angaben von Frau Dr. Schmoll) genannt werden, doch so erfolgreich zu sein scheint?

Vielleicht liegt es ja gerade daran,
  • dass die Eltern so gut einbezogen werden,
  • dass die Lehrkräfte so überaus engagiert sind und waren,
  • dass SchülerInnen derselben Klasse (neudeutsch: Lerngruppe)  auf 3 Niveaus unterrichtet werden,
  • dass die SchülerInnen durch das System des LernCoachings (das von Frau Schmoll gar nicht erwähnt wird, aber eines der größten Erfolgsmodelle des Schulversuches ist) sehr gut betreut wurden.
  • Und dass es gut war, das erwähnte sog. Lerntagebuch, das der Schrecken vieler Lehrkäfte und SchülerInnen war, wieder azuschaffen.... (Zitat aus der FAZ: "Das Lerntagebuch, das die Schüler eigentlich über das Schuljahr hinweg führen sollen, um ihr eigenes Lernverhalten einzuschätzen, aber auch Rückmeldungen zu bekommen, dient in den meisten Fällen nur noch als Schülerkalender. Die Schüler finden es überflüssig." -
Man wird sehen.
Man wird sehen, wie die Eltern künftig mit den Füßen abstimmen werden
und was die WissenschaftlerInnen in ihrem - dann hoffentlich öffentlichen - Abschlussbericht zu sagen haben.


Siehe auch:

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