Ihre eigene Klientel, also Handwerk und Arbeitgeber, befürwortet die Schulpolitik der grün-roten Landesregierung" (SWR-Landesschau-aktuell am 11. September 2013).
«Die baden-württembergische CDU ist da noch beim Gestern stehengeblieben»,
sagte Landes-Handwerks-Präsident Joachim Möhrle am Mittwoch in Stuttgart.
Auch sie müsse einsehen, dass das dreigliedrige Schulsystem nicht immer die erwünschten Erfolge gebracht habe.
Er appellierte an Regierungskoalition und Opposition «die Ideologie über Bord zu werfen» und Schulfrieden zu schließen.
Das Handwerk wünscht einen Wandel zu einem zweigliedrigen Schulsystem mit Gymnasium und Gemeinschaftsschule, in die auch die Realschule einmünden soll.
Möhrle mahnte:
«Der ambitionierte Bildungsaufbruch droht, zu einem Schulstandort-Rettungsprogramm zu schrumpfen.»
Die neue Schulart müsse als Qualitätssiegel verstanden werden, fügte der Ulmer Kammerpräsident Anton Gindele hinzu.
Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt legte am Tag danach nach: Auch aus Sicht der Arbeitgeber sei ein parteiübergreifender „Schulfrieden“ anzustreben, der auf einem Zwei-Säulen-Modell aus Gymnasium und einem Schultyp, der den Hauptschulabschluss und die mittlere Reife anbietet, fußen sollte.
Gut ist, dass die Handwerkskammer in der Stellungsnahme gleich drei ganz zentrale Punkte zielgenau ansteuert:
- Das Ziel: 2-gliedriges Schulsystem.
- Die Gefahr: GMS (Gemeinschaftsschule) als Standort-Rettungsprogramm.
- Der Anspruch: GMS als Qualitätssiegel.
Welchen Geburtsfehler es bei der gründung der GMS in BW gab (und den man zur Kenntnis nehmen und darauf regaieren muss) lesen Sie u.a. hier.
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EINE SCHULE FÜR ALLE ?
In NRW gibt es ein Bündnis "Eine Schule für alle":
"Ziel des Bündnisses ist die Aufgabe des vielgliedrigen Schulsystems zugunsten einer Schule für alle. Diese soll für alle Kinder und Jugendlichen bis zum ersten schulischen Abschluss in der Sekundarstufe I da sein."
In anderen Bundesländern gibt es ähnliche Initiativen, sogar in Bayern:
"Der Verein "EINE SCHULE FÜR ALLE in Bayern e.V." ist ein Zusammenschluss von Eltern, Lehrern und anderen Interessierten, die unsere öffentlichen Schulen verändern möchten. Unser oberstes Ziel ist die Etablierung einer neuen Lernkultur sowie die Entwicklung von Gemeinschaftsschulen in Bayern."
- Die meisten Initiatiativen dieses Namens meinen damit: Eine Schule, in der Kinder mit und ohne Behinderungen zusammen lernen, meist als "Inklusion" bezeichnet.
- Die beiden o.g. Initiativen wenden sich aber gegen das mehrgliedrige Schulsystem, d.h. sie meinen: "EINE SCHULART für alle Kinder bis Klasse 10" bzw. "Eine Schulart für ALLE Kinder bis Kl. 10".
"Menschen werden in Schubladen gesteckt und dann steckst du darin fest. So geht es auch in der Schule:Nun ja. Lieb gemeint...
irgendwelche Zufälle entscheiden darüber, ob du im Gymnasium, der Hauptschule oder in der Förderschule landest.
Es wäre doch eine schöne Vision, könnte man doch eine Schule für alle schaffen, wo jeder die Chance bekommt, mehr zu lernen, Hilfe zu bekommen und nicht ausgegrenzt zu sein ! -
Das meint Ismail aus Klasse 9, [Pestalozzi-Schule Heilbronn], und er ist nicht allein."
Screenshot |
Seit 2012/2013 gibt es nun statt EINER SCHULART für alle Kinder der Sekundarstufe I
EINE SCHULART MEHR FÜR ALLE in BW:
Neben Hauptschule (mit und ohne Werk-Realschule), Realschule, Gymnasium + Freie Schulen und Privatschulen (wie z.B. Waldorfschulen und Kirchliche Schulen) nun auch die Gemeinschaftsschule .Wir haben also zur Zeit in BW kein 2-gliedriges und auch kein 3-gliedriges Schulsystem, sondern ein mindestens 4-gliedriges Schul-Sytem. -
Gut oder schlecht? Und für wen?
Siehe auch: "Verbrechen Hauptschule"
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Lassen wir den Soziologen Klaus Hurrelmann (* 1944) sprechen:
Es lassen sich vier Gruppen von Schülern unterscheiden:
- Erstens können wir eine „Leistungselite“ der „selbstbewussten Macherinnen und Macher“ identifizieren. Sie bildet fast ein Drittel der Jugendpopulation, und zeichnet sich durch eine Synthese von „alten“ und „neuen“ Werten aus. Die Werte Fleiß und Ehrgeiz, Macht und Einfluss sowie Sicherheit erleben in dieser Gruppe eine Renaissance, sie werden mit den Selbstverwirklichungswerten Kreativität, Unabhängigkeit, Lebensgenuss und Lebensstandard kombiniert. Die „Macher“ sind eine aufstiegsorientierte Gruppe von gleich vielen jungen Frauen und jungen Männern. Die selbstbewussten Macherinnen und Macher verbinden Selbstverwirklichung mit Selbstdisziplin, sie haben keine Schwierigkeiten damit, über Fleiß und Disziplin zu materiellem Reichtum und Lebensgenuss zu kommen. Sie sind Nutzenkalkulierer, die wir in früheren Untersuchungen auch als „Egotaktiker“ bezeichnet haben.
- Eine zweite herausragende und tonangebende Gruppe, die ebenfalls etwa ein Drittel der Population umfasst, haben wir als „pragmatische Idealistinnen und Idealisten“ bezeichnet. In dieser Gruppe sind die Frauen eindeutig in der Überzahl.
Im Unterschied zu den Machern kommen bei diesem Wertetyp humanistisch geprägte Motive für ein soziales Engagement ins Spiel, die sich vor allem auf jugendbezogene Themen in Freizeit und Schule richten, aber auch sozial bedürftige Gruppen mit einbeziehen. Die tonangebende Mentalität ist eine Mischung aus wacher Umweltwahrnehmung und beherztem Ergreifen von Chancen der Umweltgestaltung. - Diesen beiden selbstbewussten und erfolgreichen Gruppen stehen die zögerlichen, skeptischen, resignierten und unauffälligen Jugendlichen gegenüber, die keinen großen Erfolg in Schule und Ausbildung haben, dennoch nach Lebensstandard und Macht streben, sich aber duldsam und durchaus tolerant mit ihrer gegenwärtigen Lebenslage abfinden. Sie stellen etwa ein Fünftel der Population, unter ihnen sind in der Mehrzahl junge Frauen.
- Ebenfalls etwa 20 Prozent gehören zur vierten Gruppe, die wir als „robuste Materialisten“ bezeichnet haben. In dieser Gruppe überwiegen zahlenmäßig die jungen Männer.
Sie wollen Macht und Lebensstandard und einflussreiche Positionen mit Lebensgenuss verbinden, aber sie haben ein deutliches Gefühl dafür, dass ihre leistungsmäßigen und sozialen Kompetenzen hierfür bei weitem nicht ausreichen. Bei ihnen kommen Verlierer- und Versagerängste auf, es zeigen sich Dispositionen für unkontrollierte Aggression und Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus.
In dieser Gruppe ist das politische Interesse gleich Null, das soziale und zivile Engagement außerordentlich klein. Diese Gruppe steht am Rande der bundesrepublikanischen Leistungsgesellschaft, wartet nur noch latent auf Angebote der Integration.
Für alle Jugendlichen gilt:
Der Schwerpunkt ihrer Zukunftswünsche liegt im Erfolg in der Leistungsgesellschaft, also überwiegend im beruflich-wirtschaftlichen Komplex.
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- Sicher ist: Die 7-G-Schule reicht nicht mehr aus. Siehe: Individualisiert lernen statt 7-G-Unterricht.
- Umstritten ist die Segregation der SchülerInnen, z.B. Typ1 ins Gymnasium, Typ 2 ins Lyzeum, Typ 4 ins die Hauptschule...
- Auch nicht Konsens ist: Eine Schulart für alle Typen ("Gesamtschule") mit individualisierten Verläufen innerhalb dieser Schulart. (Siehe dazu: "Von Schichten und Geschichten" oder auch "In der Gemeinschaftsschule lernen alle gemeinsam weniger".)
- Trend ist: Wer zu Typ 1 gehört und Geld hat, geht nach dem Abi auf eins der "Best-Buys-Colleges" - wer keins hat, leiht sich 50.000 Euro, (in Deutschland z.B. bei der KfW, der Kreditanstalt für Wiederaufbau) und geht ebenfalls auf eine Best-Buy-Schule mit der (trügerischen?) Gewissheit, dass er das Geld später locker zurückzahlen kann.
Siehe: Bildung als Ware: "Die Investitionen in ein Studium an US-Universitäten sind immens. Aber sie können sich lohnen."
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