- Der katholische Priester: Mit der Zeugung des Kindes.
- Der evangelische/protestantische Pfarrer: Mit der Geburt des Kindes.
- Der jüdische Rabbi: Wenn die Kinder aus dem Haus sind - und der Hund tot. *
Meinung:
Der Rückzug von Frauke Brosius-Gersdorf für das Amt der Verfassungsrichterin geht auf das Konto einer rechten Hetzkampagne – und der Nährboden für diese Stimmungsmache lag nirgends sonst als in der Unionsfraktion. Mutwillig verbreiteten CDU- und CSU-Abgeordnete die haltlosen Diffamierungen Brosius-Gersdorfs und verhalfen so den selbsterkorenen „Lebensschützern“, den kirchlichen Fundamentalisten und illiberalen Kräften zu einem Erfolg im Parlament. Es ist die Stunde der Antifeministen, und sie haben Blut geleckt.
Aus mehreren Gründen ist der Rückzug von Brosius-Gersdorf ein Einschnitt. Erstmals ist eine Kandidatin nach ihrer Ernennung im Richterwahlausschuss in Zweidrittelmehrheit im Nachhinein öffentlich so demontiert worden. Die Potsdamer Rechtsprofessorin hat sich entschieden, ihren Kopf nicht mehr für die unerbittliche Kampagne der organisierten Abtreibungsgegner hinzuhalten. Das ist so bitter wie nachvollziehbar. Quelle
ihren Verzicht auf die Kandidatur fürs Verfassungsrichteramt [Auszug]
Mir wurde aus der CDU/CSU-Fraktion – öffentlich und nicht-öffentlich – in den letzten Wochen und Tagen sehr deutlich signalisiert, dass meine Wahl ausgeschlossen ist. Teile der CDU/CSU-Fraktion lehnen meine Wahl kategorisch ab. [...] Auch muss verhindert werden, dass sich der Koalitionsstreit wegen der Richterwahl zuspitzt und eine Entwicklung in Gang gesetzt wird, deren Auswirkungen auf die Demokratie nicht absehbar sind. [...] Nach dem TV-Gespräch mit Markus Lanz hat sich die Berichterstattung in den Medien deutlich versachlicht und wurde sie ganz überwiegend inhaltlich geführt. Der CDU/CSU-Fraktion ist es dagegen nicht gelungen, sich mit meinen Themen und Thesen inhaltlich auseinanderzusetzen. Eine Einladung in eine Fraktionssitzung hat sie bis zuletzt nicht ausgesprochen.
- Stattdessen wurde mir vorgehalten, dass ich im Zusammenhang mit dem Schwangerschaftsabbruch folgenden Satz geschrieben habe: „Es gibt gute Gründe dafür, dass die Menschenwürdegarantie erst ab Geburt gilt.“ [...]
Nochmals zum Dilemma:
- Da die Menschenwürdegarantie nach herrschender Meinung nicht abwägungsfähig ist, wären bei Geltung der Menschenwürdegarantie für den Embryo ab Nidation [= Einnistung des Embryos in die Gebärmutter-Schleimhaut; diese beginnt beim Menschen am fünften oder sechsten Tag nach der Befruchtung der Eizelle] Konflikte mit den Grundrechten der Schwangeren nicht lösbar.
Kampagnen-Charakter
- Ein Schwangerschaftsabbruch wäre dann unter keinen Umständen rechtmäßig, auch nicht bei Gefährdung des Lebens der Frau. Es ist aber bestehende Rechtslage, dass ein Abbruch bei medizinischer (§ 218a Abs. 2 StGB) und kriminologischer (§ 218a Abs. 3 StGB) Indikation legal ist. Die verfassungsrechtliche Lösung kann denklogisch nur sein, dass entweder die Menschenwürde abwägungsfähig ist oder für das ungeborene Leben nicht gilt. [...]
Die ablehnende Haltung von Teilen der CDU/CSU-Fraktion wegen meiner Position zum Schwangerschaftsabbruch steht im Widerspruch zum Koalitionsvertrag. Es ist paradox, jemanden wegen einer Position abzulehnen, die man selbst vertritt. [...]Erstaunlich ist, dass im Politik-Teil (nicht: im Feuilleton) eines Qualitäts- und Leitmediums [gemeint ist die FAZ] einzelne Journalisten (nicht: Journalistinnen) zunächst „Speerspitze“ eines ehrabschneidenden Journalismus waren.So wurde im Blatt das Narrativ einer „ultralinken“ „Aktivistin“ geprägt, obwohl die Verantwortlichen wissen mussten, dass hiermit ein wirklichkeitsfremdes Zerrbild gezeichnet wird.
Der Kampagnencharakter manifestierte sich auch in Artikeln über meine Position zum Schwangerschaftsabbruch. Obwohl die Verantwortlichen – teilweise Juristen – wissen müssen, dass es in der Rechtswissenschaft nicht nur um Ergebnisse, sondern vor allem auch um die Argumentation und Begründung geht, haben sie – zumal teils unvollständig bzw. falsch – lediglich Ergebnisse dargelegt („Menschenwürde erst ab Geburt“), nicht hingegen die dafür genannte rechtsdogmatische Begründung und das rechtswissenschaftliche Dilemma. [...]
Doch für manche Menschen beginnt das Leben ja erst mit Hund und mit Kindern im Haus.
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