Samstag, 15. Dezember 2012

Lehrer empfehlen Kinder aus der obersten Schicht. - “Birds of the same feather flock together?”

Schon die 2004 veröffentlichte zweite IGLU-Studie sorgte für Diskussionsstoff über die Schullaufbahnempfehlungen der Lehrkräfte. IGLU - das ist die deutsche Abkürzung für Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung.



Grafik: taz

Die gute Nachricht zuerst:
Deutschlands GrundschülerInnen rangieren - was Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften betrifft -  im internationalen Vergleich im oberen Drittel. Nur die soziale Gerechtigkeit lässt weiterhin zu wünschen übrig, da liegen "wir" unter dem internationalen Mittelwert.

 Es wurde deutlich, dass selbst bei gleichen kognitiven Grundfähigkeiten und der Lesekompetenz für Kinder aus den beiden oberen Schichten (= höhere und mittlere Ränge der akademischen Berufe, der Verwaltungs- und Managementberufe; Großunternehmer) die Chance, eine Gymnasialempfehlung zu erhalten 2,63 mal so hoch waren wie für ein Kind aus einem Haushalt aus unteren Schichten. 


Auch Kinder, deren beide Eltern in Deutschland geboren waren, wurden von den Lehrkräften bei gleicher Lesekompetenz bevorzugt (Chance 2,11 mal so hoch, eine Gymnasialempfehlung zu erhalten). Zu ähnlichen Ergebnissen kamen auch andere Bildungs-Studien. 

Das Ergebnis der IGLU-Studie 2007 bezüglich der Gymnasialempfehlung verweist weiterhin auf soziale Ungerechtigkeiten:

  • Lehrer empfehlen Kinder aus der obersten Schicht  bereits mit 537 Punkten zum Gymnasium; Kinder un- und angelernter Arbeiter müssen hierfür aber 614 Punkte erreichen
  • Eltern aus dieser obersten Dienstklasse (Großunternehmer, höhere Verwaltung ...) sehen ihre Kinder bereits gymnasialtauglich, wenn sie nur 498 Punkte erreichen; Arbeiter möchten ihre Kinder erst dann aufs Gymnasium schicken, wenn sie 606 Punkte erreichen.
  • Entgegen einem weit verbreiteten Vorurteil sind es nicht in erster Linie Arbeiter, die ihre Kinder nicht aufs Gymnasium schicken möchten (bereits bei 606 Punkten), sondern Lehrer (erst ab 614 Punkten).
  • Während bei allen Kindern die erforderliche Punktzahl für eine Gymnasialempfehlung gesunken ist, stieg sie bei Kindern aus der untersten Schicht. Dabei ist zu beachten, dass die Hürde für einen Gymnasialübergang von Lehrern gegenüber Kindern aus der unteren Schicht stärker angestiegen ist als bei den un- und angelernten Arbeitern. Dramatisch gesunken ist die Hürde für Kinder aus der höchsten Herkunftsgruppe, sowohl bei den Lehrern, aber noch viel stärker bei den Eltern.
  • Akademiker setzen sich gegenüber Lehrern besser durch als Arbeiter, wenn sie ihre Kinder aufs Gymnasium schicken wollen.
Während also Kinder aus der oberen Schicht für den Wechsel zum Gymnasium lediglich die Kompetenzstufe III ("Relevante Einzelheiten im Text auffinden und miteinander in Beziehung setzen") erreichen müssen, benötigen Kinder aus der untersten Schicht die höchste Kompetenzstufe (Kompetenzstufe V: "Abstrahieren, Verallgemeinern und Präferenz begründen") für dieselbe Gymnasialempfehlung. 



"Birds of the same feather flock together"



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