Samstag, 6. April 2013

LehrerIn - LernbegleiterIn - PädagogIn? - Was bin ich und wenn Ja: Wie viele? I


Wenn es um die Auswahl von Lehrkräften für eine Schule geht...

 

Sie kennen vielleicht die 4 Pädagogischen Urbitten von Peter Fratton.
(Wenn nicht, dann schauen Sie z.B. HIER oder HIER oder lesen einfach weiter.)
 

Wenn jemand 

bei diesem "international tätigen Bildungsanbieter" als LehrerIn (man sagt dort LernbegleiterIn) arbeiten will, dann - so Peter Fratton -
"dann sagen wir, Du darfst vier Dinge nicht tun:



- So, und was geschieht jetzt? Aber Entschuldigung, das ist ja alles was ich gelernt habe und das soll nicht gelten? Und zugegeben, nehmen Sie es nicht wörtlich, es ist eben im Sinne einer Irritation gedacht und zwar Irritation als Ereignis vor einer Idee.
Also, ich halte kurz den Atem an, und dann kann eine Idee kommen – ah – gut, wenn ich das nicht kann, dann überlege ich noch, was ich sonst tun könnte." [...]


" ICH erzähle etwas, was MICH fasziniert, also ich erzähle von meiner Faszination und überlege nicht, wie könnte ich dich motivieren. Und wahrscheinlich ist das, was mich am meisten fasziniert, das was dich am meisten interessiert,
aber das ist ein Risiko." [...]

"Zum Schluss möchte ich noch meine Irritation etwas auflösen:

  • Also, bringe mir nichts bei, sondern lasse mich teilhaben
  • erkläre mir nicht, sondern gib mir Zeit zu erfahren,
  • erziehe mich nicht, sondern begleite mich,
  •  motiviere mich nicht, aber dich."
"[...] Ich habe noch gelernt, ICH muss die Kinder motivieren. Und dann mussten wir in der Patent-Lektion solche Tricks anwenden, wie man die erwischt. Also, was muss ICH tun, damit DU aufmerksam bist. Und das machen wir nicht, aber ich schaue, dass ICH motiviert bin.

Z.B. ich muss mich jetzt noch etwas motivieren, so spät hier zu reden, aber es ist mir gelungen, dass ich gedacht habe, es gibt da so kleine Dinge, die ich einbauen kann, dann gibt mir Euer Lachen Motivation. Genau so war es, oder? Ich konnte mich damit motivieren.
Und wenn ich jetzt im Unterricht bin und ich unterrichte etwas, was mich nicht fasziniert, dann sollte ich das nicht tun."
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Wenn jemand 
an der Laborschule Bielefeld als LehrerIn arbeiten will (man sagt dort PädagogIn), dann - so die Schulleiterin (Prof. Dr. Susanne Thurn):  
 

"Wenn es um die Auswahl von neuen Pädagoginnen und Pädagogen für die Biele­felder Laborschule geht, dann stelle ich mir zunächst die vier Fragen, die ich von Michael gelernt habe:
  1. Erscheint mir der Mensch vor mir als eine Person, die sich selbst gefunden hat, mit sich gut umzugehen weiß, Vertrauen zu sich selbst aufbauen konnte ‑ strahlt er etwas davon aus, auf mich, auf andere?
  2. Scheinen andere Menschen ‑ kleine wie große ‑ für ihn das Wichtigste zu sein, hat er ein erkennbares Interesse an ihnen, ihrem Sein und Werden, liebt er die Menschen, oder scheinen sie ihm eher fremd zu bleiben? Strahlt er aus, dass er Menschen ‑ kleinen wie großen ‑ vertraut, dass sie ihm vertrauen können und er ihr Zutrauen zu sich selbst fördern kann?
  3. Scheint dieser Mensch von seiner Sache überzeugt zu sein, vertraut er darauf, dass sie bedeutsam ist, sich für sie jede Anstrengung lohnt ‑ strahlt er seine eigene Begeisterung für seine Sache aus, auf mich, auf andere?
  4. Und schließlich: Vertraut er der Institution, in der er arbeiten möchte, dass sie sich entwickeln kann? Wird er sich mit anderen dafür einsetzen wollen und auch können? Ist er frei genug, sich ihr nicht unterordnen oder gar seine Auto­rität aus ihr beziehen zu wollen?
Viermal also Vertrauen:
  • Vertrauen zu sich selbst ‑
  • Vertrauen in den anderen ‑
  • Ver­trauen in die Sache ‑
  • Vertrauen in die Institution.

[...] Bewusst spreche ich dabei nicht von Lehrerinnen und Lehrern, sondern von Pädagoginnen und Pädagogen. Erzieherinnen und Erzieher für frühkindliche Bildung brauchen für ihre Arbeit prinzipiell nichts anderes an Voraussetzungen als Lehrerinnen und Lehrer für Primarstufen.

Primarstufenlehrende wiederum brauchen im Kern nichts anderes als jene für Sekundarstufen, und ich gehe so weit zu sagen: auch als jene für Tertiärstufen, und auch Studierende brauchen Lehrende, die dieses vier­geteilte Vertrauen vermitteln können und ausstrahlen. -
Natürlich bin ich zugleich davon überzeugt, dass auch Leitungen pädagogischer Einrichtungen genau dieses viergeteilte Vertrauen im Umgang mit den ihnen Anvertrauten entwickelt haben müssen.

Worin sich die Arbeitsfelder und Professionen dann für wachsendes Alter von Kindern, Jugendlichen, jungen Erwachsenen oder für Führungsaufgaben in­haltlich unterscheiden müssen, ist wichtig, aber nachgeordnet."
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Wenn jemand

in Finnland LehrerIn werden will...: 
 


"Eine erste, aber keineswegs ausreichende Vorausset­zung ist ein hervorragender Schulabschluss. Für den wichtigsten Beruf überhaupt, den die Gesellschaft für ihre Zukunft zu vergeben hat ‑ so wird das in Finnland zu recht gesehen! ‑, reicht das jedoch noch ganz und gar nicht aus.

Jene Besten aller Schulabgänger werden darum zu einer dreitägigen Prüfung, einem assessment in einem assessment center, eingeladen. Dabei geht es ausschließlich um ihre Per­sönlichkeit:
  • Ist das ein selbstsicherer junger Mensch, der sich (altersangemessen natürlich) kennt, seine Emotionen und nicht zuletzt seine Sexualität zu kontrollieren weiß, der zu sich selbst gefunden hat?
  • Reagiert er in Konfliktsituationen, aber nicht nur dort, tolerant, ausgleichend, lösungsorientiert?
  • Ist er einfühlsam, sensibel, anderen Menschen zugewandt, neugierig auf sie und auf sich selbst?
  • Kann er sich zurücknehmen, im Team wirken, sein Wissen und Können teilen?
  • Hat er Humor, weiß er seine Launen zu kontrollieren, kann er begeistern?
  • Vertraut er Menschen, dass sie lernen wollen und können?
  • Kann er sich in andere hineinversetzen und sie individuell passend ansprechen?
  • Ist er erfindungsreich und kreativ im Stellen von Aufgaben?

Wer dann schließlich ausgewählt wird, kann nicht nur stolz auf sich sein, sondern genießt sogleich hohes gesellschaftliches Ansehen, das sich jedoch keineswegs in einem besonders üppigen Einkommen manifestiert.
Unsere Gehälter in Deutsch­land sind deutlich höher, die wahrnehmbare Wertschätzung dürfte allerdings deutlich niedriger liegen. Überall in finnischen Bildungseinrichtungen war spür­bar: Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, aber auch deren Eltern wissen, dass ihre Pädagoginnen und Pädagogen aus den Besten des Landes ausgewählt wurden, und sie begegnen ihnen mit entsprechender Hochachtung, mit Respekt, Höflichkeit, Zurückhaltung, Wohlwollen."
Quelle: Susanne Thurn a.a.O
Das LehrerInnen-Studium in Finnland dauert mindestens 5 Jahre. Nur 1 von 10 LehramtsanwärterInnen erreicht das Ziel. . Die Gehälter liegen auf dem OECD-Durchschnitt.

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Arbeitsauftrag ;-):
  1. Finde Gemeinsamkeiten und Unterschiede!
  2. Wo stimmst du zu? - Wo spürst du Widerstand?
  3. An welcher Schule möchtest du arbeiten - an welcher nicht?
  4. Welche würde dich wohl einstellen? Welche eher nicht?

Siehe auch:

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