Samstag, 2. August 2014

Schnell & billig. Bologna, Bachelor, Diplom und Staatsexamen.

Sind Bologna und Bachelor böse?


  • Zufrieden mit dem Bachelor-Studiengang sind auf jeden Fall die deutschen Finanzminister_innen: Da in Deutschland der Erwerb des Bachelor-Grades i.d.R. nur 6 Semester dauert, wurden durch die Bologna-Reform mit einem Schlag 25% mehr Studienplätze geschaffen. Zum Null-Tarif!  Und weil man außerdem das Abi nun in 12 statt in 13 Jahren machen kann und soll, braucht man an den Gymnasien Deutschlands für einen ganzen Jahrgang, die Klassenstufe 13, keine Lehrer_innen mehr. -
    Hier ist Geiz geil und je schneller Abi und Examen desto besser = billiger.
  • Zufrieden ist die Wirtschaft, denn an den Hochschulen für angewandte Wissenschaft, den Fach-Hochschulen, könne in 6 Semestern z.B. im Bereich Technik ein Experte (BA) ausgebildet werden, der die gleiche exzellente Qualifikation besitze wie zuvor ein deutscher Ingenieur mit Diplom-Titel. Und: Die Wirtschaft brauche nicht so viele Master, auf 1 Master kommen dort 10 Bachelor.
  • Zufrieden sind DIE Studierenden, die es in der Ausbildung gerne verschult haben und wissen wollen, was genau sie lernen sollen für ihr Examen.
  • Zufrieden sind DIE Studierenden, die nicht gerne alle Examina am Ende des Studiums haben wollen, sondern in Modulen verteilt über die Studienzeit. 
  • Zufrieden sind Jurist_innen, Ärzt_innen, Tiermediziner_innen und andere, weil man sie von den Bachelor- und Master-Studiengängen ausgenommen hat: Es gibt noch Staats-Examen.
  • Versprochen hat man sich eine bessere internationale Vergleichbarkeit der Hochschul-Abschlüsse.

Goethe, Schiller und
Gebrüder Humboldt
Unzufrieden sind die Geisteswissenschaften: 


Kann man in verschulten Modulen zum  Germanisten werden?  Philosoph nach 6 Semestern im Alter von 21 Jahren? Umfassend gebildet nach dem Humboldtschen Ideal in 6 + 4 Semstern? -
60% aller Studierenden fühlen sich mit dem BA nicht genügend gerüstet (das ist auf den Fach-Hochschulen offenbar anders), möchten nach dem Bachelor noch den Master machen. Muss das sein? Bin ich als BA schon überqualifiziert für den Beruf oder bin ich als MA doch besser vor Arbeitslosigkeit geschützt? 
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A. von Humboldt im (Bildungs-) Dschungel


"Technokrat" (aus einen Game)
Briefmarke 1985

-5 ------- 0 ------ +5 

Links auf der Skala der umfassend gebildete Mensch, der in Muße reisend und forschend gelernt hat. -

Rechts der aus-gebildete fachidiotische technokratische Experte ?


Die Lösung liegt vielleicht in der Mitte?
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  • In den USA und China dauert die BA-Ausbildung 8 Semester. Warum nicht auch an deutschen Hochschulen - dort wo 6 Semester offensichtlich als nicht ausreichen?
  • Kann das Staats-Examen weiter bestehen, wo es notwendig erscheint?
  • Sollen Studierende auf bestimmten Gebieten oder auch generell nicht die Möglichkeit haben, ungestraft länger als 6+4 Semester zu studieren?
  • In Ländern, in denen es keine duale Ausbildung und keine Vollzeit-Berufssschulen gibt (England z.B.) MUSS man den BA machen, um  z.B. als Physiotherapeut ein Diplom vorweisen zu können (in Liverpool gibt es angeblich auch den Surf-Lehrer BA). - Muss das dann auch in Deutschland so sein (Kindergärtner_in BA, Krankenpleger_in BA,  Heizungstechniker_in BA ...) oder reicht eine aufgewertete Duale Ausbildung? 
  • Würde die Krankenschwester BA schon unter "Akademisierungs-Wahn" zu rechnen sein?
  • .....
Siehe auch:
Vom Fachkräfte-Mangel, Akademisierungs-Wahn, Demografie und Mao Zedong 
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