Sonntag, 6. Januar 2013

"Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht"


Die Weisheit stammt aus Afrika, so sagen es die Meisten, Manche wissen es genauer und sagen : Aus Sambia; und Wenige meinen, sie stamme aus China.

Wie auch immer. - Kaufen kann man das Sprichwort auch als Buchtitel. Oder als T-Shirt
 


_____________________________________

China ist auf jeden Fall auch nicht falsch:
Der französische Philosoph und Sinologe Francois Jullien, Jg. 1951, erzählt in seinem "Vortrag vor Managern über Wirksamkeit" eine Anekdote, die er wiederum von dem chinesischen Philosophen Meng Ke übernommen hat, (chinesisch 孟子 Mèngzǐ, d.h. Meister Meng, von den Jesuiten latinisiert in Menzius,  um 37 bis ca.290 v. Chr.). der bedeutendste Nachfolger des Konfuzius: 

"Ein Bauer, der will, dass sein Weizen treibt, zieht an den Trieben; am Abend, als die Kinder herbeilaufen, um das Ergebnis zu sehen, ist alles vertrocknet.“
Was sagt uns das afrikanische Sprichwort bzw. die Anekdote des Mengzhi für die Pädagogik? Ich komme darauf gleich zurück.

Francois Jullien spricht viel über Wirksamkeit, Wandlungen, besonders stille Wandlungen und Interventionismus. Er sagt über Interventionen: Wenn ich intervenieren muss (mit welchen Mitteln auch immer), dann habe ich schon im Vorfeld versagt, denn sonst wäre die Intervention gar nicht nötig. Er meint, die Vorstellung des Intervenieren-Müssens entspringe eher dem westlichen Denken, das Interventionismus und Aktionismus bis hin zum Heldentum zur Folge habe. Dem gegenüber stehe das chinesische philosophische Denken der indirekten und diskreten Effizienz, die "stillschweigende Wandlungen" auslöse, die ohne Aufsehen vonstatten gehen und nicht einmal den Status eines Ereignisses haben. Dem Interventionismus hält Jullien das strategische Denken der alten chinesischen Philosophen und ihre Maxime des „Nicht-Handelns“ entgegen. Entsprechend heißt es bei Jullien und Mengzhi:
 „Der Weise hütet sich davor, zu handeln.“

Meng Ke. Quelle: wikipedia

„Das ist also ein Beispiel für das, was man nicht machen darf, sagt uns
Menzius.

 Was soll man tun? 
Ich würde sagen: das, was jeder Bauer weiß. Weder am Trieb ziehen, noch beim Treiben zusehen. Menghzi sagt: man hackt, man jätet am Fuß des Triebes; indem man den Boden auflockert, indem man ihn belüftet, begünstigt man das Treiben. 

Weder Aktionismus, noch Untätigkeit, sondern indem man den Prozess des Wachstums unterstützt... Wenn ich sage: was jeder Bauer weiß, dann sehen Sie, wie sich im Hintergrund ein Denken von Landwirten abzeichnet, das auf dem Prozess des Treibens beruht. 
... Das chinesische Denken hat dadurch gelernt, nicht
etwa ein heroisches Modell zu konstruieren, das sich durch seine Interventionskraft der Welt aufdrängt, sondern auf den unendlich kleinen, graduellen und stillschweigenden Prozess des Wachstums zu zählen, den man begleiten muss.“

(Francois Jullien)
Jullien schrieb für Manager. Zumindest was die Ökonomie betrifft, scheinen Jullien und die chinesischen Philosophen nicht ganz Unrecht zu haben: Das westliche Denken führte dazu, dass die USA (noch) die größte Macht unserer Erde sind, und dazu bedurfte es vieler militärischer Interventionen mit heute 750 Militärbasen, verteilt rund um den ganzen Globus. - China ist zur Großmacht aufgestiegen, ohne eine einzige Militärbasis außerhalb seiner Staatsgrenzen... 

Schaun wir mal. 

____________________________________

Zurück zur Pädagogik: 
Dem Interventionismus in der Politik entspricht vielleicht das Helfer-Syndrom  in der Pädagogik und den helfenden Berufen. Und vielleicht haben dadurch die LehrerInnen ihren Ruf weg, immer alles besser zu wissen: "Der Lehrer hat morgens Recht und nachmittags frei"?

Und wenn man so will: Die neue Rolle des Lehrers und der Lehrerin (Vergleiche dazu: Von-lerncoaching-leadership-und Classsroom-Management)  hat (auch) sehr viel mit diesem afrikanischen Sprichwort bzw. der östlichen Weisheit zu tun. Für das Lerncoaching und die personenzentrierte Beratung gehören sie zu den Grundlagen.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen