Montag, 21. April 2014

Citizen Science - Bildung und Wissen für alle, Kultur-Revolution und Bildungs-Reform.

Weil er keine Lust auf das System von OECD/ Bologna-Prozess/ PISA usw. hatte, schied er als Professor aus dem Staatsdienst aus und machte sich selbstständig.
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In der "tageszeitung" vom 31.3.14 hat Gabriele Goettle ein langes Interview geführt mit Prof. Peter Finke.
Jahrgang 1942, Lehrstuhl Wissenschaftstheorie 1982 Bielefeld;  Stiftungsprofessur für Kulturökologie Privatuniversität Witten-Herdecke 1996 bis 2000; Ehrendoktor für Verdienste in der Forschung Universität Debrecen (Ungarn) 2004; Emeritierung 2006. -



Das Bildungsverständnis bzw. der Zweck von Bildung von Prof. Finke unterscheidet sich gründlich von dem Verständnis, das wir bei der OECD und bei den PISA-Tests finden. [Siehe auch: Mach Geld! Mach mehr Geld!]

Er sagt:
[...] Mir geht es um den aufmerksamen und kenntnisreichen Menschen, der sich für das interessiert, was mitten im Alltag der Gesellschaft passiert, der Beobachtungen macht, Fragen stellt und nach eigenen Antworten sucht. [...]
Statt dem bildungsmäßig einen Weg zu bereiten, wird von der Politik das genaue Gegenteil betrieben. Ich habe das schmerzlich erlebt. In den Jahren 2003, 2004, 2005 gab es an den deutschen Universitäten einschneidende Veränderungen, denn die Politik hatte den Wunsch, dass die Universitäten sich umstrukturieren. Und zwar vom Nordkap bis nach Sizilien, dass sozusagen ganz Europa nach ,Schema F' vereinheitlicht wird.

Die Grundidee, eine Verwaltungsvereinfachung herzustellen bei verschiedenen Systemen, die war sicher sinnvoll, aber sehr schnell lief das alles vollkommen schief, und dieses Korsett wurde auf unzumutbare Weise immer enger geschnürt. Das war für mich der Grund, unter Protest aus dem Staatsdienst auszuscheiden. Ich kann und will so keine Lehre machen, und ich hatte keine Lust, das mit zu vollstrecken, was die Politik da verordnet hat.
Die Politik selbst war stark unter Druck der Wirtschaft, die ja die Auffassung hat, die Leute sitzen viel zu lange in den Schulen und Universitäten rum. Gewünscht werden Leute, die kürzer ausgebildet sind und nach sechs Semestern mit übersichtlichen Kenntnissen auf einem bestimmten und gefragten Gebiet Verwendung finden - soweit sie gebraucht werden.
Erschreckend war diese fast einhellige Einigkeit, europaweit. Auch an den Universitäten war der Widerstand schwach, und die meisten Kollegen fanden das sogar eine Chance und haben kein Problem damit gehabt. Nur eine Minderheit, glaube ich, hat die Probleme gesehen und benannt, und da gab es dann auch Meinungsverschiedenheiten. Das Irre ist ja, dass nichts so geschrumpft ist wie die freie Wissensaneignung, und nichts ist so angewachsen wie die Wissenschaftsbürokratie. [...]  Dieses technische Denken hat sich vollkommen durchgesetzt, Studenten haben nur noch eine fragmentarische Ausbildung, müssen sich auf ein Teilgebiet konzentrieren. Was sie nicht bekommen, ist ein Verständnis des Zusammenhangs, sie kriegen nicht mehr die Zeit und die Anregungen, darüber nachzudenken. Das ist falsch! [...]     Das ganze Interview finden Sie > hier.
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Nur mit citizen science 
wird es wohl auch nicht gehen. Es gibt parallel auch den Begriff des  citizen journalism, der aber durchaus gemischte Gefühle hervorruft. Denn wenn Jounalismus allein daraus bestehen würde, dass Hans und Franziska  mit ihrem smartphone loszuziehen, um vor Ort betroffene Menschen zu interviewen und zu filmen, um das Produkt dann auf eine Plattform ins Internet zu stellen, wird es wohl keinen Qualitäts-Journalismus mit profunden Hintergrund-Kentnissen mehr geben.

Kultur-Revolution und Bildungsreform
Ich denke auch an die Bildungsreform im bevölkerungsreichsten Land der Erde, in China ab der zweiten Hälfte der 1960er Jahre (im Rahmen der Kulturrevolution).
Damals wurde von Mao Zedong eine Art citizen science zum Maß aller Dinge.

Hu Yaobang (1915 - 1989)
Hu Yaobang,  gehört zur zweiten Führungsgeneration der Volksrepublik China. Ein Foto von ihm, auf einem Dach sitzend, ein Buch in der Hand und optimistisch in den Himmel und die Zukunft schauend, machte ihn zum Prototyp eines kommunistischen Jugendlichen jener Zeit.
Vor der Bildungreform der Kuturrevolution (1966) hatte die angesehene Chinesische Akademie der Wissenschaften landesweit ca. 25.000 Wissenschaftler, 1975 (1 Jahr vor Maos Tod) waren es nur noch 1.800.
Warum?

„Die Wahrheit in den Tatsachen suchen.“

Schulen und Universitäten wurden geschlossen. Wissenschaftler und Studierende waren zunächst auf das Land geschickt worden, um dort von den Bauern zu lernen, sie sollten "die Wahrheit in den Fakten finden" und nicht nur in den alten Büchern. Nach dem offiziellen Ende der Kulturrevolution (1969) wurden die revolutionären Jugendlichen (Rotgardisten) dann von Mao und der Armee wieder auf das Land oder zur Arbeit in die Fabriken geschickt - damit in den Städten nach der aus dem Ruder gelaufenen Kultur-Revolution wieder Ruhe eintreten sollte. -

"Wissenschaftlicher Forschung sollte Vorrang eingeräumt werden"

Ab 1970 wurde die Handvoll von Universitäten, die noch geöffnet waren, dazu verpflichtet, Bauern und Arbeiter auch dann in die Uni aufzunehmen, wenn sie den Anforderungen nicht genügten.
Als 1973 US-Wissenschaftler wieder ins Land durften und die einst renommierte Peking-Universität besuchten, berichteten sie hinterher, die Wissenschaft dort sei noch nicht einmal auf dem Niveau einer Mittelschule in den USA.
Erst ab 1975 ging es dann an eine erneute Bildungs-Reform: Am 26. September 1975 hielt Deng Xiaoping einen Vortrag mit dem Titel "Wissenschaftlicher Forschung sollte Vorrang eingeräumt werden".


Und heute?
"Mit einer mittleren Punktzahl von 613 – 119 Punkten bzw. das Äquivalent von beinahe drei Schuljahren mehr als der OECDDurchschnitt – erzielte Shanghai (China) die besten Ergebnisse im Bereich Mathematik. Zu den zehn Ländern und Volkswirtschaften mit dem höchsten Leistungsniveau in diesem Bereich gehörten ferner – in absteigender Reihenfolge – Singapur, Hongkong (China), Chinesisch Taipeh, Korea, Macau (China), Japan, Liechtenstein, die Schweiz und die Niederlande."
(Quelle)

The Telegraph 4. Dezember 2013
Natürlich war es für China eine Frage der Ehre, beim PISA-Test mitzumachen und dort an die Spitze zu gelangen. Die Ergebnisse in diesen ausgewählten Städten sagen wenig oder nichts über den Stand der Bildung auf dem Lande in China. - Aber das ist, ebenso wie OECD und PISA, ein Thema für sich.


Freitag, 18. April 2014

Lerncoaching hat nichts mit Unterricht zu tun. Und auch nicht mit Lernberatung. - Auch von Moses, Aaron und der Tochter des Jairus.

(Zumindest nicht direkt.) -
Ein Lerncoach bringt niemandem den Satz des Pythagoras bei und beseitigt auch keine LRS-Störungen. - (Zumindest nicht in seiner Eigenschaft als Lerncoach).
  • Was mache ich als Lerncoach dann?
  • Erst mal meine Grund-Haltung von der LehrerInnen-Rolle umschalten in die Coach-Rolle, in den Coaching-Modus, in den Coaching-Mode...
  • Was gehört zum Coching-Modus?
  • Ich stürze zum Beispiel nicht herbei, um die Dinge in Ordnung zu bringen.
  • Ich stürze nicht herbei, um den Schüler oder die Schülerin in Ordnung zu bringen. 
  • Ich lege nicht die Finger in die schulischen Wunden, z.B. die schlechte Physiknote - von der ich sehr wohl weiß.
  • Ich fange nicht an, kluge Ratschläge zu geben, wie man zum Beispiel Vokabeln am besten lernt, welche Lerntechniken es sonst noch so gibt und wie eine erfolgreiche Schülerin ihren Tagesablauf gestalten sollte. - (Es sei denn, ich wurde konkret darum gebeten, solche Vorschläge zu machen.)
  • Ich fange nicht an zu konformieren, zu korrigieren und nach meinem Bilde umzutrainieren, um ganz rasch Erfolge zu erzielen. (Zumindest nicht zunächst; da stimmt das Wort "Coach" nicht wirklich).
  • Warum nicht?
  • Dadurch erhöhe ich den Druck von außen und der Schüler hat wieder den Eindruck: "Ich habe alles falsch gemacht; jetzt muss ich nur gehorsam auf dem Kasernenhof des Lebens antreten und entlang den Befehlen der erfahreren Lehrkraft losmarschieren".
  • Was mache ich denn dann?
  • Ich versuche die Lernenden zu verstehen.

Wenn es um Verstehen geht, 
darf man indessen überhaupt nichts ändern wollen. Man hört zu, man lässt gelten, man ist erst mal mit dem einverstanden, wie der andere ist. Man ist damit einverstanden, dass er da ist, dass es ihn gibt — mit der Art, wie er sich sieht, mit den Möglichkeiten, die er selber wahrnimmt und ins Spiel bringt.
Carls Rogers nannte das "Empathie und Akzeptanz": Ich fühle mich ein, stelle mich mental in die Schuhe der Schülerin, versuche die Schulwelt mit ihren Augen zu sehen, auch wenn ihre Sicht der Dinge mir ganz fremd ist und die Lehrerin in mir, die ja auch immer da ist, empört ist und am liebsten sagen möchte: So geht das nicht/ das stimmt doch nicht/ das siehst du ganz falsch/ denk doch mal nach/ von dir hätte ich viel mehr erwartet/ was soll nur aus dir werden/ wie kannst du nur...?!
Indem sich beim Erzählen und Zuhören und Nachfragen die Eigenwahrnehmung verstärkt, der Lernende von sich erzählt, wird sich von innen her für ihn etwas ergeben, das Selbstvertrauen bildet, das den Eindruck schafft,
  • ich bin nicht ganz verkehrt,
  • ich hab nicht alles falsch gemacht,
  • es kann doch keiner sagen, mein ganzes SchülerInnen-Dasein sei überflüssig und sinnlos verlaufen. 
An den Elementen, die sinnvoll waren, lässt sich anknüpfen....

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Jetzt kommt der theologische Exkurs (nach Eugen Drewermann, der 2005 aus der Kirche austrat).
Mich beeindruckt, wenn ich darüber nachdenke, eine Schlüsselstelle im Alten Testament. Es geht darum, dass Moses im 3. und 4. Kapitel des zweiten Buches Moses, im Buche Exodus, berufen wird, Israel in die Freiheit zu führen aus der Tyrannei des Pharao. Die Bibel schildert den Exodus als eine Freiheitsbewegung des Volkes aus Sklaverei und Unterdrückung. Das ist ein Bild, das gültig sein kann in sehr vielen analogen Lebenssituationen. 

Das Problem, das sich für Moses ergibt, liegt in seiner »Berufung« selbst. Er fühlt glühend den Willen zur Freiheit. Es sollte möglich sein, ein ganzes Volk in die Freiheit zu führen. Er will das. Da sieht er einen Dornbusch in Flammen stehen, der.snicht verbrennt, und dieser Widerspruch ist ein Bild für ihn selbst. 
  • Das Volk soll in die Freiheit ziehen, gewiss, 
  • doch dafür ist er, Moses, der falsche Mann. 
Um ein ganzes Volk in Brand zu stecken, müsste man reden können, begeistern können ... dramatisch als Rhetor auftreten, als Demagoge von göttlicher Herkunft sich präsentieren, und das alles kann er nicht. 
Deshalb erklärt er Gott, 
  • dass seine Idee, das Volk zu befreien, wunderbar ist, 
  • nur mit ihm ist sie nicht zu machen. 
Er sagt sogar: »Ich bin ein Mann — schwer der Worte, schwer die Zunge, ich! Und nicht nur seit gestern und vorgestern, auch seitdem du mit mir redest.« 
  • Das heißt: »Wenn du mich schon brauchen willst, dann solltest du mich zum Besseren verändern, das ist die Bedingung. 
Du aber tust das nicht. Ich fühle mich keinen Deut anders und besser, seit ich dir zuhöre. Also such dir, wen du willst, mit mir klappt es nicht.« — 
Alles, was wir von Medizin, von Psychotherapie, von Verwirklichung der Freiheit, von Veränderung des Menschen zur Identität im Glück erwarten, müsste erfolgsorientiert dahin gehen, dass Moses verändert wird, dass er auftritt als der Held, den das Volk gebrauchen könnte. Stattdessen erklärt ihm Gott: »Wer macht denn den Menschen« — und jetzt muss man fast erschrocken zuhören — »lahm oder gehend, taub oder hörend, stumm oder sprechend, wenn nicht ich selber? Und jetzt gehst du, und ich werde mit deinem Munde sein.«
Dass Moses seiner Berufung nachkommt, liegt daran, dass er bleibt, wie er ist, aber denkt, er sei für Gott gut genug, und dann soll er doch wohl auch für sich selber genug sein. Dann ist es, wie es ist, und besser.
Quelle
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Nun gut.
Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass von der Schülerin, die vor mir sitzt, einmal verlangt wird, ihr Volk aus der Sklaverei in die Freiheit zu führen. (Obwohl es auch nicht ganz ausgeschlossen ist.)
Was Drewermann an dieser Stelle nicht erzählt: Moses hatte einen Bruder, Aaron. Der war ein guter Redner. Den hat Moses deshalb mit ins Boot genommen und so sein eigenes Defizit ausgeglichen.  Gemeinsam waren sie stark.

Wozu ist die Schule da? 
Ja sicher: Um gute Noten zu bekommen, um einen guten Schulabschluss zu machen, um eine gute Ausbildungsstelle oder einen Platz an einer guten Uni zu bekommen, um gutes Geld zu verdienen, um eine Familie ernähren zu könne, damit die Kinder später dann auf eine gute Schule gehen können, wo sie gute Noten haben sollen ... Das ist der Tausch-Wert der Schul-Bildung.

Und was noch? 

"Bildung soll junge Menschen in der Entfaltung und Stärkung ihrer gesamten Person fördern – so, dass sie am Ende das Subjekt dieses Vorgangs sind", schrieb Hartmut von Hentig im Vorwort des aktuell noch gültigen Bildungsplanes 2004 in Baden-Württemberg. Entfaltung und Stärkung der ganzen Person. Der "ganzen" und der "Person". Wenn das so wäre, dann ginge es nicht nur um Schulfächer und Schulstoff, um Wissen und Schulnoten, sondern um mehr. - Ok, sagt jetzt vielleicht mancher: Klar, es geht um Kompetenzen. Aber das alleine hat Hentig nicht gemeint.
Der o.g. Carl Rogers hat schon 1961 sein einflussreiches Buch "On Becoming a Person" ("Die Entwicklung der Persönlichkeit") geschrieben.
"Wie man wird, was man ist" hatte Friedrich Nietzsche sein Buch "Ecce Homo" (Seht, welch ein Mensch) untertitelt. Und auch C.G. Jung sieht das "Werde, der du bist" als Ziel der Individuation an, der Ganzwerdung des Individuums. Bei allen drei Autoren geht es um die gleiche Sache, um das gleiche Anliegen.

Lerncoaching heißt dann auch, die SchülerInnen dabei zu begleiten, das zu werden, was sie sind - als jeweils einzelner und einzig-artiger Mensch sind. Das ist nicht unbedingt mit dem identisch, was ich als Lehr-Person denke, was das beste ist: Gute Noten, gute Zeugnisse... Wir wissen nicht, was dieser Mensch vor uns werden muss, damit er wird, was er ist. Jura-ProfessorIn, TierpflegerIn, FußpflegerIn, SchauspielerIn, KanzlerIn... Aber wenn es gut läuft, können wir ihm dabei helfen, es herauszufinden, wenn wir ihn nicht mit unserer Beratung ersticken.
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Zum Thema ersticken noch anlässlich des heutigen Karfreitags eine weitere Kostprobe aus dem o.g. Buch von Eugen Drewermann.
Jesus sollte ein Mädchen retten, das gerade dabei war zu sterben. Das Erstaunliche ist, dass Jesus sich auch für diesen Fall absolut Zeit lässt. Er erklärt: Das Mädchen ist überhaupt nicht tot, es schläft nur. Das sagt er dem Vater, der schier verzweifelt ist vor Angst um seine Tochter. - Auch das kann man oft erleben, dass Eltern ihre Kinder derart erziehen möchten, dass sie gefeit sind gegen alle Gefährdungen des Lebens, das heißt, die Kinder müssen gesund sein, sie müssen tüchtig sein, sie müssen klug sein, sie müssen fleißig sein, - bis sie ersticken an all der Fürsorge. Am Ende kann das Kind, die Tochter des Synagogenvorstehers Jairus, wirklich nicht mehr leben.

MICHAEL ALBUS: Meine Großmutter im Schwarzwald hat oft gesagt: »Vor lauter Lieb' verreckt man schier.«

EUGEN DREWERMANN: So ist das im Volksmund auch: »Pastors Kinder, Lehrers Vieh gedeihen selten oder nie.« Das kommt wohl auf dasselbe hinaus.

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LernCoaching lernen kann man z.B. > hier.

Donnerstag, 3. April 2014

Heterogenität und Qualität: Die 5% uneffektivsten Lehrer werden entlassen. Echt? Warum? Mach Geld! Mach mehr Geld!

5. Tübinger Tagung Schulpädagogik: “Qualität und Heterogenität: Herausforderungen und Perspektiven für Schule und Unterricht”

 

Ich dachte zuerst, der Professor mache einen Scherz, denn der 1. April war nicht mehr weit entfernt, - und ich wartete auf die Auflösung und die Erlösung.
Auch hatte ich zuvor schon allerlei gehört von der angeblichen  Ökonomisierung der Bildung, von SchülerInnen und deren Human-Kapital,  von Bildung als Ware. Doch ebenso oft hörte ich: Da ist nichts dran, die Menschen, die davon sprechen, die kommen alle aus einer bestimmten Ecke, sind verstaubt, reaktionär, sie  vertreten die Bildungsvorstellungen des 19. Jahrhunderts, Humboldt und so... 

Und nun stand ein deutscher Professor bei einer renommierten Tagung für Schulpädagogik auf der Bühne und machte Scherze über die Ökonomisierung der Bildung - doch er meinte es glaube ich wirklich ernst: Würde man in den USA die 5% in-effektivten Lehrkräfte entlassen und durch durchschnittlich effektive Lehrkräfte ersetzen, würden die SchülerInnen und Schüler in den durch sie unterrichtetetn Klassen im Lebensverlauf ca. 267.000 US-Dollar weniger verdienen. Prima. Nun warten wir doch auf den Fall, dass ein Schüler, bevor er dann später mal in Rente geht, seine LehrerInnen auf Schadensersatz verklagt, weil ihm durch die In-Effektivität seines Lehrers 1/4 Million Dollar an Lebens-Einkommen entgangen seien. Gilt das eigentlich pro Fach? Also wenn ich in 2 Fächern 2 ineffektive LehrerInnen haben, verdiene ich dann 534.000 Dollar weniger im Leben?


Folie aus dem Vortrag, ebenso wie die unten stehende

Mach Geld.
Mach mehr Geld.
Mach dass andere Leute produzieren um mehr Geld zu machen.

  • Das war das Motto des verstorbenen Scientology -Gründers L. Ron Hubbard
  • Nun scheint es auch die Basis für die globale Bildungs-Politik der OECD zu werden 
  • und in die Universitäten Einzug zu halten. 
Ein schöner Erfolg später Erfolg für Lafayette Ronald Hubbard (gestorben 1986 in Kalifornien).


Wie viel ist Unterrichtsentwicklung wert? - Viel! 
Wenn man einex-beliebige Lehrkraft  alle 5 Jahre 1 Jahr lang im Unterricht beobachtet, begleitet und evaluiert, dann werden die (angenommen) 30 SchülerInnen ihrer Klasse gemeinsam im ihrem Lebensverlauf 300.000 Dollar mehr verdienen, also 10.000 pro SchülerIn. - Lohnt sich das schon?

Besser wäre es,
nicht eine x-beliebige Lehrkraft zur Fortbildung zur schicken, sondern eine, die schon mal durchschnittlich effektiv ist. Wenn man aus dieser Durchschnitts-Lehrkraft eine herausragend effektive macht, dann werden ihre SchülerInnen pro Stück nicht nur 10.000, sondern sogar 20.000 Dollar in ihrem Leben mehr verdienen.



Und erst das Brutto-Inlands-Produkt!
Wenn das Einkommen der SchülerInnen steigt, steigt natürlich auch das Brutto-Inslandsprodukt und die internationale Wettberbewerbs-Fähigkeit. "Das BIP ist ein Maß für die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft in einem bestimmten Zeitraum. Die Veränderungsrate des realen BIP dient als Messgröße für das Wirtschaftswachstum der Volkswirtschaften und ist damit die wichtigste Größe der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung." [wikipedia]
Derzeit gibt es in BW 1,4 Millionen SchülerInnen, wenn deren durchschnittliche Lehrkräfte nun alle von Prof. P. aus K. qua Unterrichts-Evaluation zu Lehrkräften "mit herausragender Effektiviät" geschult würden, so würden diese 1,4 Millionen SchülerInnen am Ende ihrer aktiven Berufstätigkeit  zusammen 1.400.000 X 20.000 = 28.000.000.000 Dollar (28 Milliarden mehr verdient haben als mit ihren jetzigen LehrerInnen (von denen ja sowieso die 5% uneffektivsten entlassen worden waren und dann vion HartzIV oder so leben mussten).
Na, da freut sich dann doch der Finanzminister des Jahres 2070 (wegen der Einkommenssteuer und des Brutto-Inlands-Produktes), die OECD freit sich ebenfalls, und PISA hat sich voll rentiert. Oder?


(Wößmann, Ludger und Mare Piopiunik: Was unzureichende Bildung kostet. Eine
Berechnung der Folgekosten durch entgangenes Wirtschaftswachstum. Gütersloh 2009, S.24 und 30)
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  • Wann ist eine Lehrkraft effektiv?
  • Effektiv worin?
  • Wer bestimmt das?
  • Wer misst das?
  • Wie misst er/sie das?
  • Ist das nun empirische Erziehungs-Wissenschaft oder Unfug?
  • Und was würde passieren, wenn man 5% dieser Empirischen Erziehungswissenschaftler, die Unfug betreiben,  entlassen würde? - Jetzt mal abgesehen vom Geld...