Dienstag, 30. April 2013

Stiftungen stinken nicht.- Lobbyismus an Schulen.


Neulich sprach ich mit einem Schulleiter, dem war egal, woher das Geld für seine Schule kommt. - Wenn die Regierung kein Geld für die Schulen mehr übrig hat [was sie eigentlich haben sollte] , muss es halt woanders her kommen. Hauptsache es kommt. - Stiftungen stinken nicht. Geld auch nicht. -

Zum Beispiel:

"Das staatliche Bildungsmonopol ist ein Auslaufmodell"
"Wir investieren in die Fähigkeit von Menschen zu lernen, zu kooperieren und
 zu führen.

"
Diese Haltung ist in gewisser Weise verständlich, denn der gute Schulleiter und die gute Schulleiterin möchten für "ihre" Schule das Beste. 
 
Manche erheben trotzdem Einspruch. 
  • Zum Beispiel Friedhelm Hengsbach, ehemals Professor für Wirtschaftsethik an der katholischen Hochschule St. Georgen
  • Zum Beispiel auch Lobby-Control in seinem gerade veröffentlichten Diskussionspapier zu Lobbyismus an Schulen.
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  Der Sozialethiker sagt:
"Die oberen 10 % besitzen über 50 % des Vermögens, die untere Hälfte 1%. -
Dann wird gesagt: Die Vermögenden spenden. Spenden sind steuerlich begünstigt - Wohltäter profitieren also davon. Hinzu kommt, dass sie ihre Spenden nach eigenen Vorstellungen verteilen, dem Staat aber Einnahmen entgehen, die nun nicht entsprechend den sozialstaatlichen Kriterien verteilt werden können. [...]
Seit mehr als dreißig Jahren haben bürgerliche Eliten das marktradikale wirtschaftsliberale Dogma [...] verbreitet, dass man den Selbstheilungskräften des Marktes vertrauen könne, dass der schlanke Staat der beste aller möglichen Staaten sei und die Informationseffizienz des anglo-amerikanischen Finanzkapitalismus dem kontinentaleuropäischen Finanzregime überlegen sei.
Diese große Erzählung inspiriert weiterhin die Mentalität wirtschaftli­cher Eliten: Was sie als Grundvergütung und Bonuszahlung beanspruchen und ih­nen zugestanden wird, betrachten sie als exaktes Äquivalent ihrer Leistungsfähigkeit oder Leistungsbereitschaft ‑ und folglich als ihr persönliches Eigentum, über das sie ausschließlich verfügen können.

Den Steueranspruch des Staates halten sie für einen Eingriff in persönliche Frei­heitsrechte. Dabei verkennen sie, dass ein individueller Leistungsbeitrag zu einer ge­meinsam erwirtschafteten Wertschöpfung überhaupt nicht präzise zurechenbar ist.
Zudem beruhen die eigenen Talente und Energien auf gesellschaftlichen Vorleistun­gen, die sie Im Kindergarten, in der Schule und während der beruflichen Ausbildung empfangen haben. [...]

Wohlhabende und extrem Reiche reagieren bloß auf die Steuervergünstigungen, die der Staat ihnen in den letzten Jahrzehnten gewährt hat: Sie spenden aus Ihrem Einkommen und Vermögen an soziale oder kulturelle Einrichtungen oder gründen Stiftungen, die gemeinnützige oder private Initiativen fördern. Sie trauen dem Sozialstaat nicht zu, dass er die Rechtsansprüche Bedürftiger allgemein und unparteilich ein­löst. Stattdessen entscheiden sie selbst nach eigenem Ermessen, welchen Gruppen sie ihre Almosen zukommen lassen: Per­sönliche Vorlieben und Sympathien treten an die Stelle gesetzlicher Ansprüche. Dass sie damit eine soziale Selektion auslösen, scheinen sie zu übersehen.

Die Kapitaleigner und Manager bestimmen, wie viel Geld sie aus dem gemeinsam Erarbeiteten für sich herausholen und was sie den Lohnabhängigen, der Umwelt und dem Staat zur Verfügung stellen wollen. Nicht der Markt regelt das, sondern die Eliten, weil sie die Macht dazu haben. "


Lobby-Control ergänzt:

"Lobbyismus an Schulen – Wo gibt`s denn so was?!
Immer mehr Lobbyisten erstellen Unterrichtsmaterialien, veranstalten Schulwettbewerbe und bilden Lehrer fort. Doch hinter dem scheinbar wohlmeinenden Engagement stehen konkrete Interessen, die dazu führen, dass die Inhalte einseitig werden. Kinder und Jugendliche als Wähler und Konsumenten von morgen werden zum Ziel einer langfristigen und umfassenden Lobbystrategie. [...]

Mit dieser indirekten Lobbyarbeit soll die Stimmung in der Bevölkerung beeinflusst werden, um so Einfluss auf die Politik auszuüben. Den Akteuren geht es nicht um Bildung, sondern um Meinungsmache und Marketing. Und die Politik schweigt dazu oder fördert sogar zweifelhafte Kooperationen. Dagegen protestieren wir [bei Bedarf]  in einem offenen Brief an die Bildungsminister."
Linkadresse zur Broschüre
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Freitag, 26. April 2013

Krabat. Von Pädagogischen Urbitten und dem Lernen in der Schwarzen Schule

Krabat - ein Jugendbuch von Otfried Preußler Der 14-jährige Waisenjungen Krabat tritt eine Lehrstelle in einer Mühle im Koselbruch bei Schwarzkollm an. 
Die Mühle stellt sich jedoch schon nach kurzer Zeit als eine „Schwarze Schule“ heraus, in der der Meister jeweils zwölf Auszubildende in der Schwarzen Kunst unterrichtet. 

 Wie lernt man in einer Schwarzen Schule? 
Der Meister blieb ruhig.
„Ein nächstes Mal, Krabat, sollst du mehr auf die Worte achten als auf die Stimmen“, sagte er. 
  • „Überdies musst du wissen, dass niemand in dieser Schule zum Lernen gezwungen wird
  • Prägst du dir ein, was ich aus dem Koraktor vorlese, ist es zu deinem Nutzen – andernfalls schadest du dir selber, bedenke das!"
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So ähnlich, glaubt manch Einer/r, geht es demnächst nicht nur in Schwarzkollm zu, sondern auch in den Schulen Baden-Württembergs zu. Schlimmer noch: In Schwarskollm hat der Meister wenigstens noch selber vorgetragen und unterrichtet. In Baden-Württembergs Schulen sollen die LehrerInnen künftig nicht einmal mehr lehren. So befürchten sie.


Denn: 
In der aktuellen Experten- Kommission zur Weiterentwicklung der Lehrerbildung des Landes BW sitzt u.a. auch Peter Fratton, der bekannt ist für seine 4 Pädagogischen Urbitten, die bei LehrerInnen und Eltern nicht überall auf Begeisterung stoßen.  Die lauten:

 


Eine Eltern-Initiative in Schopfheim sammelte 526 Unterschriften gegen die Einführung der Gemeinschaftsschule in ihrem Ort, wobei sie sich in ihrer Begründung ausdrücklich gegen diese 4 Urbitten von Fratton Stellung wandte. - "Kein Schwarzkollm in Schopfheim" sozusagen.

Eine aktuelle Umfrage sagt:
"Bei der Beurteilung dessen, was eine ideale Schule ausmacht, sind sich Lehrer und Eltern weitgehend einig: 94 Prozent der Lehrer und 92 Prozent der Eltern betonen vor allem das Engagement der Pädagogen, auf deren gute Ausbildung legen 85 Prozent aller Lehrer und 83 Prozent aller Eltern besonderen Wert." [Quelle]

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Nun sind weder das Ergebnis der Umfrage noch die Eltern-Initiative verwunderlich, denn es ist nicht ungewöhnlich, wenn sich jemand gegenüber ihm unbekannten Dingen zunächst skeptisch und verschlossen verhält. Salopp gesagt "Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht".  - Die 4 Urbitten sind relativ neu und provokativ. Fratton hat auf den Unmut schon reagiert und zwischenzeitlich  "4 Sondern..." nachgereicht, die die 4 Urbitten entschärfen, erläutern sollen. 

Und vielleicht sehen die Umfrage-Ergebnisse in 10 Jahren ganz anders aus?

Wer mehr über die empirischen Ergebnisse von Lernen und Lehren wissen will, kann selber im soeben auf Deutsch erschienenen Buch von John Hattie nachforschen: "Lernen sichtbar machen".


"John Hattie fasst den gesamten weltweit (in englischer Sprache) verfügbaren Wissensstand zu Bedingungen schulischer Leistungen in seinem epochalen Werk zusammen. An diesem Meilenstein muss sich jede künftige Darstellung des empirischen Forschungsstandes orientieren." Andreas Helmke 

"John Hattie hat eine Monographie vorgelegt, die einen Meilenstein in der Debatte um Voraussetzungen und Bedingungen erfolgreichen Lernens in der Schule darstellt." Ewald Terhart 
"Visible Learning" [so heißt die Original-Ausgabe] wurde 2009 von John Hattie nach 15-jähriger Arbeit veröffentlicht. Es enthält eine Synthese von über 800 Meta-Analysen, die auf über 50.000 Studien mit ca. 250 Millionen Lernenden zurückgreifen.[Klappentext] 

Dieses Buch wird immer wieder gerne zitiert. Und immer wieder gerne selektiv: Mit den Sätzen, die dem Referenten oder der Referentin gerade in den Kram passen. - Am Besten lesen Sie es daher selber und machen sich ein eigenes Bild. -   Bevor sie eine Initiative unterschreiben.

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LeserInnen-Zuschrift: "Gesunder Menschenverstand"

Diese ganzen Studien interessieren mich nicht.

Ich sehe, was dieses Jahr abgeht. Kollegen aus Deutsch berichten, dass sie zum ersten Mal in ihrem Lehrer-Leben in der Klasse 5 im Diktat 5-6er und 6er haben.
In einer 5.Klasse können vier Schüler nicht (vor-)lesen, am Gymnasium!
Gesunder Menschenverstand sagt einem, dass das KEIN ZUFALL sein kann, dass das alles DIESES Jahr passiert.
Bisher waren auch nie 10% der Fünftklässler versetzungs-gefährdet.

Am Sonntag war ich zur Konfirmation; später beim Essen diskutierten einige in der weiteren Verwandtschaft über die neue Schulpolitik. Da war einhellige Meinung, dass es falsch ist, dass die Eltern entscheiden.
Und: "Früher war klar, wer aufs Gymnasium geht studiert, wer Realschule macht geht in die Lehre zur Bank oder sowas und wer Hauptschule macht lernt einen handwerklichen Beruf".
Die neue Politik wurde rundherum abgelehnt.

Ich glaube dass die klare Mehrheit der Menschen in BaWü diese Politik ablehnt, sieht man ja auch an Ergebnissen wie in Saulgau oder wo das war.
Ich werde 2016 wohl in BaWü CDU wählen müssen.


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Donnerstag, 25. April 2013

Herr Saur vom PhV, die Fünftklässler und der Pygmalion-Effekt


 "Der Philologenverband, der sich vor allem aus Gymnasiallehrern rekrutiert schlug  Alarm, weil jeder zehnte Fünftklässler den Anforderungen der gymnasialen Eingangsklasse nicht gewachsen sei. 
"Zehn Prozent tun sich deutlich schwer und sind versetzungsgefährdet", 
so Landeschef Bernd Saur. Seit Grün-Rot die verbindliche Grundschulempfehlung gestrichen hat, besuchten zunehmend Kinder das Gymnasium, die auf einer anderen Schule besser aufgehoben wären." Quelle

"Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), von Haus aus selbst Gymnasiallehrer, wundert sich über diese Zahlen, die ihn einerseits "hochgradig erstaunen", andererseits zum Scherzen veranlassen. Denn: 
"In meinem Jahrgang waren es 50 Prozent, die sitzengeblieben sind. - Dann wäre das doch eine dramatische Verbesserung!" 
In der Tat sind die Zahlen nicht statistisch erhärtet, sie stammen aus Berichten, die Lehrer an Philologen-Chef Saur herangetragen hätten." (a.a.O.)

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"So sieht es auch Kultusminister Andreas Stoch: 
"Es ist einfach unpädagogisch, bereits zum jetzigen frühen Zeitpunkt zehn Prozent der Kinder als versetzungsgefährdet abzustempeln." 
Er selbst habe kaum vergleichbare Rückmeldungen. - 
Für die individuelle Förderung gebe es eine zusätzliche Poolstunde, auch die Hausaufgabenbetreuung bleibe erhalten, lediglich die Koordination jener Oberstufenschüler, die damit ein kleines Zubrot verdienen, werde nicht länger bezahlt." (a.a.O). 


Eigene Nachfragen des bildungsblogs72 bei Leitungen von Gymnasien und BeratungslehrerInnen der Grundschulen bestätigen in diesem Falle den Kultusminister:
  • Die Eltern halten sich in der Regel an die Grundschulempfehlungen, die zwar nicht mehr verbindlich sind - aber immer noch existieren.
  • Nur ganz wenige Kinder mit einer HS-Empfehlung werden von den Eltern auf einem Gymnasium eingeschult.
  • Die Erfahrung der (ehemals 7, jetzt nur noch 2) Gesamtschulen in BW zeigen: Immer wieder bestehen Kinder an einer Gesamtschule das (zentrale baden-württembergische) Abitur und bekommen beim Abitur auch einen Preis oder eine Belobigung, die in Klasse 5 mit einer Hauptschulempfehlung an einer Gesamtschule eingeschult wurden. -
    Woran das liegt, ist seit Jahrzehnten erforscht: Begabte Kinder aus bildungsfernen Schichten erhalten bei gleicher Leistung in Deutschland viel schwieriger eine Empfehlung für`s Gymnasium als Kinder aus bildungsnahen Elternhäusern: Der "Stallgeruch" spielt eine wichtige Rolle. Und: Manche Kinder sind Spätentwickler, sie kommen erst in Klasse 6 oder 7 so richtig in die Gänge. 
Quelle: Frankfurter Rundschau

Herr Saur sollte sich mit seinen Prognosen zurückhalten und als studierter Pädagoge auch den Pgymalion-Effekt nicht vergessen: "Als Rosenthal-Effekt oder Pygmalion-Effekt (nach der mythologischen Figur Pygmalion) wird in der Sozialpsychologie das Resultat eines Versuchsleiter-Versuchspersonen-Verhältnisses bezeichnet, insbesondere des Lehrer-Schüler-Verhältnisses; man spricht hierbei auch vom Versuchsleiter(erwartungs)effekt. Dem Effekt nach sollen sich positive Erwartungen, Einstellungen, Überzeugungen sowie positive Stereotype des Versuchsleiters nach Art der „selbsterfüllenden Prophezeiung“ auswirken. In den klassischen Experimenten wurde der Effekt positiver Erwartungen auf die Leistungen bei Intelligenztests untersucht." - [Quelle: wikipedia] 
Das Gleiche gilt in umgekehrter Richtung.

Siehe auch:  
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Montag, 22. April 2013

PISA-Studien, Bambi und Bushido


Als der Rapper Bushido im Jahre 2007 in Berlin ein Konzert gab, verteilten Berliner LehrerInnen Flugblätter auf der Straße:



Als Bushido 2011 den Bambi-Preis der BURDA-Mediengruppe verliehen bekam 
für „Menschen mit Visionen und Kreativität, die das deutsche Publikum in (dem jeweiligen) Jahr besonders berührt und begeistert haben“, 
gab es Protest vom Schlagersänger Heino und anderen. Heino gab sein Bambi aus dem Jahr 1990 zurück mit der Begründung: 
„Ich bin zutiefst empört, dass man einem gewalttätigen Kriminellen wie Bushido den Bambi verleiht. Mit diesem Mann möchte ich nicht auf eine Stufe gestellt werden.“

In diesen Tagen liest man im Stern, dass der Rapper gute Beziehungen zu einem Clan in Berlin-Neukölln pflege, der sein Geld mit Drogenhandel, Prostitution, Schutzgelderpressung und dergleichen verdiene. 

Und was hat das mit PISA und Bildung zu tun? 
Dazu schreibt die taz:
" ... den bauernschlauen, erfolgreichen Bushido wollte die Öffentlichkeit offensichtlich lieber sehen als den Verbrecher Bushido und verschloss systematisch die Augen. Stattdessen wurde Bushido zum dankbar wahrgenommenen Beweis dafür, dass man in diesem Land – entgegen aller Pisa-Studien – auch als kleinkrimineller Schulabbrecher mit alleinerziehender Mutter und Migrationshintergrund was werden kann.

Der Wandel vom Drogendealer über den Skandalrapper bis zum erfolgreichen Unternehmer, Vorzeigemigranten und Bambi-Integrationspreisträger 2011 war auch möglich, weil dieser Aufstieg das schlechte Gewissen der Nation beruhigen half.
Eine Art von Selbsthypnose, die der Geschäftsmann Bushido geschickt ausnutzte. Denn eigentlich hat die Enthüllung des Sterns nichts weiter enthüllt als: Bushido hat Deutschland verarscht."

Die Berliner LehrerInnen - und Heino - haben das wohl schon früher bemerkt.
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p.s.:
Bürgermeister in Neukölln ist der Sozialdemokrat Heinz Buschowsky



"Er ist seit dem 1. Dezember 2001 Bezirksbürgermeister des Berliner Bezirks Neukölln. Buschkowsky engagiert sich nach eigener Aussage vor allem für die Integration von Migranten und für einen Abbau der Defizite in der Integrationspolitik.

Bundesweit bekannt wurde Buschkowsky 2004 mit der These „Multikulti ist gescheitert“. Als Bürgermeister eines Berliner Bezirks mit einem hohen Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund vertritt er einen Mittelweg zwischen staatlichen Förderungen (Transferleistungen) und Sanktionen. Mit besonderem Nachdruck setzt er sich für eine gute Ausbildung von Kindern und Jugendlichen nichtdeutscher Herkunft ein, die er vor allem mit einer Kindergartenpflicht und einem flächendeckenden Angebot an Ganztagsschulen durchsetzen will. ... Trotz teilweiser Übereinstimmungen in der Integrations- und Sozialpolitik äußerte sich Buschkowsky mehrmals kritisch zu den Thesen seines Parteifreundes Thilo Sarrazin und warf diesem eine Nähe zum Rassismus vor."  
[wikipedia] 
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Übrigens:

1942:
Die japanische Jugend im Wehrdienstalter wird einer verstärkten Bearbeitung im Geiste des alten "Bushido" ("Weg des Kriegers") unterzogen, der Verhaltensnorm für den Japaner im Krieg. Alle japanischen militärischen Dienstvorschriften und Regeln wie über­haupt das Verhalten des Soldaten werden durch die Gebote dieser mittelalterlichen Regelsammlung festgelegt.
Das "Bushido" spielt eine entscheidende Rolle bei der morali­schen Formung des japanischen Soldaten. Eines der wichtigsten Gebote des "Bushido" ist die bedingungslose Unterordnung und die Todesverachtung.

Die Gefangenschaft ist nicht nur eine Schande für die Soldaten. Der Gefangene schändet die ganze Nation.
In den allermeisten Fällen weigern sich die japanischen Gefangenen zuzugeben, dass sie in Gefangenschaft geraten sind. Sie "haben sich verirrt", man nahm ihnen "die Möglichkeit, Widerstand zu leisten", oder sie haben "die Waffen nicht selbst niedergelegt" usw. 

 [Quelle: P.P. Wladimirow]


Sonntag, 14. April 2013

Von Mathe-LehrerInnen, Mathematikern und einfachen LehrerInnen...


Es gibt 2 Sorten von Wirtschafts-Wissenschaftlern (soll der jüngst verstorbene Wirtschaftswissenschaftler José Luis Sampedro gesagt haben): 


Bild- Quelle
  • "Jene, die dafür arbeiten, dass die Reichen reicher werden,
  • und jene, die dafür arbeiten, dass die Armen weniger arm sind".
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In Anlehnung daran könnte man sagen: Es gibt 2 Sorten von LehrerInnen:
  • Jene, die dafür arbeiten, dass möglichst viele junge Menschen die best-mögliche Bildung bekommen, und jene,
  • die dafür arbeiten, dass nur eine mehr oder wenige große Elite eine höhere Bildung erhält.
Ganz einfach kann man derzeit in Deutschland diese zwei Sorten LehrerInnen daran unterscheiden, dass die erste Sorte - nach ihrem Beruf gefragt - vielleicht antworten wird: "Ich bin LehrerIn" oder "Ich unterrichte Geschichte" oder "Ich bin GeschichtslehrerIn". - Letztere werden sagen: "Ich bin HistorikerIn". ...
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So war es, sagt man, auch einmal in Finnland.

Auch in Finnland ist nicht alles gut. Zum Beispiel ist es dort im Winter lange dunkel, von 100.000 Finninnen und Finnen bringen sich 20 jedes Jahr um (das ist Platz 15 von gut gut 100 Ländern. - 
Auf den ersten 3 Plätzen liegen Litauen, Südkorea und Russland. Warum eigentlich?) - Und NOKIA, dem finnischen Telekommunikationskonzern und Mobiltelefon-Hersteller, geht es auch nicht mehr so gut, weil es die Entwicklung der von Smartphones verschlafen hat.

Ab 1966 regierte in Finnland eine Mitte-Links-Regierung unter dem berühmten ebenso autokratischen wie populären russland-freundlichen Präsidenten und unter sozialdemokratischen Ministerpräsidenten . 1968 gab es in Finnland dann eine Schulreform. -
Bis dahin hatte Finnland ein 2-gliedriges Schulsystem: Die Kinder der Arbeiter & Bauern gingen zur Volksschule, die Kinder der Elite ging auf die privaten Oberschulen. - Die Mehrheit der Oberschulen war damals noch privat. (Schulpflicht besteht in Finnland vom 7. bis zum 16. Lebensjahr.)

1968 wurden dann (fast) alle Privatschulen "enteignet", d.h. sie gingen in Gemeindeeigentum über, alle Regelschulen wurden unter staatliche Obhut gestellt, ab 1972 wurde schrittweise die 9-jährige Gemeinschaftsschule für alle SchülerInnen verbindlich gemacht - unter dem Protest zahlreicher LehrerInnen der Sekundarstufe I. Seit 1999 wird diese Einheitsschule nicht mehr in 6 Unter- und 3 Oberstufenklassen eingeteilt. Stattdessen wird in den ersten sechs Jahren der Unterricht von Klassenlehrern geleitet (etwa 3000 Schulen), in den letzten drei Jahren von Fachlehrern (etwa 600 Schulen). Nach der 9-jährigen Gemeinschaftsschule gehen die Kinder dann entweder (nach einer Aufnahmeprüfung) auf das Gymnasium (allgemeinbildende Sekundarstufe II) oder an die berufsbildende Sekundarstufe II, an der sie ebenfalls Abitur machen können. Über 90 Prozent aller Jugendlichen in Finnland (in Deutschland 43,1 %) erhalten das Abiturzeugnis (Ylioppilastutkinto) wobei der Anteil der Mädchen bei 60 Prozent liegt.




Als in den 1990er Jahren die konservative Zentrumspartei auf dem Vormarsch war, sollten wieder Privatschulen eingeführt werden und die Reform von 1968 rückgängig gemacht werden. Da kam dann PISA dazwischen:

"In den PISA-Studien haben die Schüler Finnlands mit ihren Platzierungen in der Spitzengruppe für Aufsehen gesorgt. Zu den Erklärungsversuchen für das gute Abschneiden des finnischen Schulsystems gehören unter anderem staatliche Bildungsinitiativen wie das seit 1996 bestehende sogenannte LUMA-Programm zur Förderung des naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterrichts. Weiter wird auf die einheitliche Schulausbildung für alle Schüler unabhängig von ihrem sozioökonomischen Hintergrund und das damit bessere Abschneiden der schwächeren Schüler verwiesen. Die oft ins Gespräch gebrachte finnische Ganztagsschule gibt es jedoch im Regelfall nicht. Nur etwa ein Viertel der finnischen Schüler nimmt an schulischen Nachmittagsaktivitäten teil.Weder sind die Gemeinden zur Einrichtung von Ganztagsschulen, noch die Schüler zur Teilnahme am Nachmittagsangebot verpflichtet."
[Quelle: wikipedia u.a. ]



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Link zum Thema:  

Le Monde diplomatique April 2013
Gute Schule: Finnlands Erfolge beruhen auf einem Bildungssystem, das allen die gleichen Chancen gibt. Philippe Descamps entdeckt hinter dem erfolgreichen Modell Finnlands einen starken politischen Willen
Wie alles anfing: Jukka Sarjala, einer der Architekten der Schulreform von 1968, erinnert sich noch gut daran, wie umstritten die Einführung der Gemeinschaftsschu-le war

Freitag, 12. April 2013

Auch nach 200 Jahren: Kein Ende des Gymnasiallehrers in BW

"Seit mehr als 200 Jahren gibt es den Gymnasiallehrer. Er ist der oberste in der Hierarchie der Lehrer und auch der bestbezahlte, eine Autoritätsperson, die das klassische Bildungsideal repräsentiert. Doch mehrere Bundesländer haben den Gymnasiallehrer schon abgeschafft. Auch in Baden-Württemberg soll es nach den Empfehlungen einer Expertenkommission an den weiterführenden Schulen künftig nur noch einen Typ von Lehrer geben, den sogenannten Stufenlehrer...."

So die Anmoderation einer Diskussion im swr2-forum im April 2013. Man kann die Sendung hier downloaden und hier nach-hören.


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Kommission und Zeitplan

Im Frühjahr 2012 wurde in BW eine Kommission zur Weiterentwicklung der Lehrerbildung gemeinsam von Wissenschafts-und Kultusministerium eingesetzt. 
 
Screen-Print


Sie soll  insbesondere Empfehlungen zur besseren Vorbereitung der Lehrkräfte auf den Umgang mit Heterogenität und Inklusion in den Schulen entwickeln, Wege zur engeren Zusammenarbeit der Universitäten und der Pädagogischen Hochschulen in der Lehrerbildung aufzeigen sowie die Fortführung des Bologna-Prozesses in der Lehrerbildung in den Blick nehmen.Die Kommission besteht aus acht externen Sachverständigen sowie drei ständigen Gästen aus Baden-Württemberg. Wer dort Mitglied ist, kann man hier nachschauen. Am 21.3.2013 hat die Kommission ihre Vorschläge an die beiden o.g. Ministerien übergeben, am 7. Mai 2013 sollen sie auf einer fachtagung dikutiert werden, noch vor den Sommerferien sollen die beiden Ministerien dann ihren Vorschlag dem Regierungskabinett vorlegen. -

Screen-Print
So der Zeitplan.


Unter den Mitglieders sind bekannte Experten wie Prof. Baumert,
Direktor am Max-Planck-
Institut für Bildungsforschung Berlin, 2006-2008 Vizepräsident der Max-Planck-Gesellschaft... oder Peter Fratton, der nun als wohlhabender Schulgründer und Privatschulbesitzer zusammen mit der Würth-Stiftung in BW eine bedeutende Rolle spielt. 

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Vorsitzende der Kommission ist Sybille Volkholz
Sie sagt:
 
  • "Für die Sekundarstufe I und II soll es EIN Lehramt geben, für das die Lehrkräfte jeweils 2 Fächer studieren, ungefähr im Umfang von 100, das ist ungefähr das, was jetzt auch ein Gymnasiallehrer hat; sie sollen die Fachdidaktik und auch auch die Bildungswissenschaften (studieren), aber alles auf wissenschaftlicher, d.h. forschungsfähiger Grundlage. -
  • Warum sollen Lehrkräfte für Gemeinschaftsschulen, für Gymnasien, unterschiedlich lange ausgebildet werden?
  • Alle müssen künftig, nach den Empfehlungen der Expertenkommission, 10 Semester studieren.
  • Das ist eine Aufwertung. Es spricht viel dafür, die Lehrämter besser auszustatten. Und das ist genau mit unserem Vorschlag, Gemeinchaftsschullehrer oder Werkrealschullehrer werden in der Fachausbildung gestärkt, dort sollen sie mehr Credit-Points erreichen."
"Die wären doch richtig bescheuert". 

"Wir sind ganz konkret von der schulpolitischen Annahme ausgegangen, die uns auch in BW vorgegeben ist, dass es längerfristig, wie in vielen anderen Bundesländern auch, vorläufig mal auf ein 2-Säulen-Modell rauslaufen wird. Die Gemeinschaftsschule ist so angelegt: Wir gehen davon aus, das ca. 40-50% da mal übergehen werden, und wir haben die demographische Herausforderung: Im ländlichen Raum müssen wir Schulformen erhalten, die erreichbar sind für Schüler.

  • D.h. sie brauchen an den Schulen, auch an Gemeinschaftsschulen, Lehrkräfte, die auch wissen, was in der Sekundarstufe II in ihrem Fach erfolgt, was unterrichtet werden muss. ...
  • Ich habe keinen Grund anzunehmen, dass die MinisterIn Stoch und Bauer und der Ministerpräsident Kretschmann das gute Niveau der baden-württembergischen Schulen absenken wollen. Die wären doch richtig bescheuert."
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  • Und natürlich habe sich das Gymnasium bisher dadurch ausgezeichnet, auf veränderte Schülerschaften zu reagieren und einen hohen Leistungsanspruch zu haben. -"Das soll so bleiben.
Aber aus diesem Grund brauchen die Lehrkräfte eine bessere fach-didaktische und eine bessere bildungswissenschaftliche bei hoher fachlicher Ausbildung. Und die anderen brauchen die bessere fachliche Ausbildung. Da ist kein Einheitslehrer, sondern da ist eine Lehrkraft, eine Lehrerbildung, die wirklich in vielfältiger Form eine breite Schülerschaft fördern kann und die weiß, was nach der 10. Klasse kommt.
  • Gymnasiallehrer müssen bei einer höheren Quantität von Schülern auch Berufsbildung im Blick haben. Auch Schüler vom Gymnasium gehen ab und gehen über in eine duale Berufsausbildung.
  • Das Lehramt, das wir vorgeschlagen haben, orientiert sich auch an dem Lehramt 4 der Kultusministerkonferenz, und das ist das für das Gymnasium.
  • Ich gehe nicht davon aus, dass sich irgendwann in den nächsten Zeiträumen, sei es auch in 50 Jahren hier das Gymnasium auflöst, das wird sich verändern. Das Gymnasium wird bestehen bleiben.
Aber sie müssen auch reagieren, um zu sagen in Flächenländern Baden-Württemberg hat einen Rückgang von 25% der schulpflichtigen Bevölkerung in den nächsten Jahren, da werden sie Sorge haben, wie sie wirklich regional in der Nähe erhalten werden, und da ist die Gemeinschaftsschule als 2. Säule eben eine Möglichkeit."

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