Freitag, 20. Juli 2018

Von der Flucht in die Schulferien und der Arbeitszeit der Lehrer_innen (und Schüler_innen)

Quelle: Eine Postkarte
52 Kalender-Wochen hat ein Jahr,
  • darunter sind 38 Wochen Schul-Wochen oder etwa 182 Schultage von insgesamt 365 Tagen des Jahres.
    Also:
  • Lehrer_innen (und Schüler_innen) haben jeden zweiten Tag unterrichts-frei. 
Nicht arbeits-frei. Unterrichts-frei. Versteht sich. ;-)
Denn:
Für die psychische Belastung gibt es noch keine Uhr:
"Jeder dritte Lehrer steht vor dem Burnout". (Wofür es strukturelle und/oder auch pädagogische, psychologische und andere Ursachen geben kann. Wie in jedem Beruf.)

Quelle
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  • Wie jede andere BeamtIn auch, hat die LehrerIn im Jahr 1804 Arbeitsstunden zu erbringen.
  • Wenn eine Lehrkraft nur und ausschließlich an den (ca.) 182 Schultagen arbeiten würde, also nicht an Samstagen, Sonntagen, Feiertagen und in den Schulferien, dann müsste sie pro Schultag 9,9 Zeitstunden nachweisen.
  • In manchen Bundesländern wurde mit der Stoppuhr untersucht, wie viele Stunden LehrerInnen tatächlich arbeiten.
    Wenn die Lehrerin nachmittags mit dem Rotstift auf dem Sofa sitzt, Musik hört, Kaffee trinkt und dabei Klassenarbeiten korrigiert, dann lief die Stoppuhr mit. Wenn der Lehrer im Schullandheim mit der Klasse wandert, dann läuft die Uhr mit. Und wenn er sonntags beim ARD-TATORT-Krimi über seine schwierige 8. Klasse sinnierte, wurde die Stoppuhr ebenfalls gedrückt.
  • Ergebnis: Die Arbeitszeiten sind von Lehrkraft zu Lehrkraft sehr unterschiedlich. Manche arbeiteten 2500 Stunden im Jahr, andere nur 1500; abhängig vom Fach, der Jahrgangsstufe, der persönlichen Arbeits-Geschwindigkeit, dem Arbeits-Ethos, der Schulart, der preußisch-evangelischen  oder der rheinisch-katholischen Sozialisation, vom persönlichen Engagement und und und ... . 
Im Beamtengesetz (in BW) heißt es:
  • Die regelmäßige Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten beträgt im Durchschnitt wöchentlich 41 Stunden.
  • Der Jahresurlaub beträgt für Beamtinnen und Beamte, deren regelmäßige Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche verteilt ist, 30 Arbeitstage.
  • So kommt man  - auf die Jahres-Arbeitszeit umgerechnet - auf die o.g. 1804 Stunden. (Was ziemlich genau der Jahresarbeitszeit entspricht, die z.B. auch Angestellte bei Hewlett&Packard  leisten müssen.) 
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Kleine Fluchten.
Jede_r kennt wahrscheinlich die Witze (und die realen Bilder) von Lehrer_innen, die morgens auf dem Schulparkplatz rückwärts einparken. Warum? Angeblich, um nach der letzten Schulstunde schon gleich "richtig herum", also in Richtung Zuhause eingeparkt und möglichst schnell zuhause zu sein. Dort herrsche dann am Mittagstisch die Vereinbarumg: Niemand darf beim Mittagessen über die Schule sprechen: Die Kinder (=Schüler_innen) nicht über die blöden LehrerInnen, der Vater (=Lehrer) nicht über die dummen und frechen Schüler_innen und die Mutter (= auch Lehrer_in) über die unverschämten Eltern.
Das diene der Burn-Out-Prophylaxe. (Glauben zumindest manche).

Am letzten Schultag vor den GROSSEN FERIEN sind die VW-Busse dann nicht jur rückwärts eingeparkt, sondern auch morgens um 7.30 Uhr schon voll gepackt mit allen sieben Sachen, die man im Urlaub braucht. - Warum? Jede_r möchte schon dem zu erwartenden Stau vorausfahren und vor den anderen am Brenner sein, auf der Piste an die Adria, ans Mittelmeer, an die Nordsee, die Ostee, den Atlantik ... . - Urlaub als Stress von Anfang an. Zur Erholung vom Schulstress.
Nein - Das wird nichts nützen, es ist der falsche Weg zum richtigen Ziel.  Wenige Tage nach den GROSSEN FERIEN wird es mit der Erholung wieder vorbei sein. Oder?

 
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 Siehe auch:
Quelle
Quelle

Übrigens:
  • Jeder Sechste in Deutschland kann sich nicht mal einen einwöchigen Urlaub leisten. Zahlen von Eurostat
  • Von den Alleinstehenden muss sogar jeder Vierte, 
  • unter den Alleinerziehenden sogar jede Dritte wegen Geldmangels zu Hause bleiben.
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Immer mehr Menschen sind von einem normalen Bürgerleben in diesem reichen Land ausgeschlossen, aber das ist unserer Regierung egal, denn solange es den Reichen in diesem Land gut geht ist alles in bester Ordnung.
Hartz IV Empfänger müssen sich übrigens ihren "Urlaub" vom Jobcenter zunächst genehmigen lassen. Das ist sicherlich eine zusätzliche Demütigung für arme Menschen, die von dem kläglichen Existenzminimum eines Hartz IV Regelsatzes von einem echten Urlaub nur träumen können und Urlaub für sie nur bedeutet, mal einige Wochen im Jahr Zuhause in Ruhe sitzen zu dürfen, ohne vom Jobcenter schikaniert zu werden. Wenn dann der Hartz IV Regelsatz - wie in diesem Land leider immer noch möglich ist und das obwohl wir den Art. 1 GG und den Art. 20 Abs. 1 GG haben - von einer Behörde sogar noch sanktioniert wird, dann findet der Urlaub eben als Survival-Urlaub auf deutschen Straßen als Obdachloser statt.
„Die großartige 'Gleichheit' vor dem Gesetz, verbietet den Reichen wie den Armen, unter Brücken zu schlafen, auf den Straßen zu betteln oder Brot zu stehlen.“
(François Anatole Thibault, besser bekannt als Anatole France (1844-1924), französischer Literaturnobelpreisträger)
[Quelle]


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