Sonntag, 16. August 2020

Heinsberg, Schweden und Corona - Mai bis August 2020

Als alles anfing mit Covid19 und noch neu war, im Frühjahr 2020, gab es diese Karnevalsfeier und die anschließende Studie in Heinsberg:

"Der Kreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen gilt als Brennpunkt für das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2. Nach einer Karnevalssitzung kam es dort zu einer in Deutschland frühen und massenhaften Ausbreitung des Erregers. Im Rahmen der Studie hatte ein Forschungsteam um Prof. Dr. Hendrik Streeck und Prof. Dr. Gunther Hartmann von der Universität Bonn in der Ortschaft Gangelt eine große Zahl von Einwohnern befragt, Proben genommen und analysiert. Dabei wurde unter anderem erstmals die Sterblichkeitsrate der Infektion genau bestimmt." [Quelle 4. Mai 2020: Uni Bonn]

Was waren die wichtigsten Ergebnisse der Studie? 

Prof. Hendrik Streeck: 

"Insgesamt 600 zufällig ausgewählte Haushalte in Gangelt wurden angeschrieben und gebeten, an der Studie teilzunehmen. 405 Haushalte haben sich bereiterklärt, mitzumachen. Insgesamt 919 Teilnehmer gingen in das Endergebnis mit ein."
„Im Zentrum der Studie steht die Infection Fatality Rate (IFR), die den Anteil der Todesfälle unter den Infizierten angibt. Aus den Daten wurde weltweit erstmalig errechnet, dass die IFR von SARS-CoV-2 bei 0,37% liegt." [a.a.O.] 

[Anm.: = Rein statistisch sterben 0,37% der Infizierten:
In der Infektionsepidemiologie ist der Fall-Verstorbenen-Anteil oder (umgangssprachlich) Fallsterblichkeit eine statistische Maßzahl, die die Letalität einer Krankheit aus empirischen Daten schätzt, also die Wahrscheinlichkeit zu versterben unter der Bedingung, zuvor erkrankt zu sein. Der CFR = Fall-Verstorbenen-Anteil gibt den Anteil der Personen mit einer bestimmten diagnostizierten Erkrankung an, die an dieser Erkrankung sterben. Eine hohe Dunkelziffer nicht diagnostizierter Fälle lässt den Fall-Verstorbenen-Anteil (CFR) jedoch höher erscheinen als die tatsächliche Letalität der Krankheit.
Eine verwandte Maßzahl ist der IFR, der Infizierten-Verstorbenen-Anteil, der bei den Fallzahlen auch nicht diagnostizierte Fälle einschließt, was durch epidemiologische Modellrechnungen abgeschätzt werden muss. - In den Medien ist vielfach von einer „Sterberate“ die Rede. Definition und Bezugsgröße (z. B. CFR oder IFR) wird dabei aber häufig nicht genannt, vermischt und verwechselt.[Wikipedia]

In Heinsberg waren bis Juni 2020 460 Personen der ca. 11.000 EinwohnerInnen nachweislich infiziert, 12 Personen waren bis dahin gestorben. CFR(!) = 2,6%].

Prof. Streek: "Je nach mathematischen Korrekturverfahren schwankt sie [die Infection Fatality Rate (IFR!)] zwischen 0,24% und 0,43%.

Bei etwa 15 Prozent aller untersuchten Personen wurde eine Infektion mit SARS-CoV-2 nachgewiesen. Die bisher bekannte Infektionsrate in der Gemeinde Gangelt lag bei 3%. Dies bedeutet, dass fünf Mal so viele Personen in der Gemeinde Gangelt infiziert waren, wie ursprünglich ermittelt. ---
Es wurden neben Einzelpersonen auch Haushalte untersucht um herauszufinden, ob es einen Familienclustereffekt gibt. Die Studie zeigt, dass wenn ein Haushaltsmitglied infiziert ist, die Infektionswahrscheinlichkeit für eine weitere Person abhängig von der Haushaltsgröße über dem durchschnittlichen Infektionsrisiko von 15% liegt, z.B 20% darüber bei 3-Personen Haushalten. Die Infektionsraten sind bei Kindern, Erwachsenen und Älteren sehr ähnlich und hängen offenbar nicht vom Alter ab." [Am angegeben Ort] 

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

 

Es gab einigen Wirbel um die Studie zu der Zeit. Wobei die Studie und ihre Ergebnisse selber ganz in den Hintergrund gerieten. Im Vordergrund stand die begleitende kommerzielle Vermarktung durch die Kommunikations-Agentur Story-Machine.

Hendrik Streeck:
"Aus meinem Blickwinkel ist das eine unheimlich wichtige Studie gewesen, die in kürzester Zeit wirklich solide Daten zur Pandemie zur Infektion gezeigt haben. Aber in dem ganzen, in der
ganzen Debatte ging es ja eigentlich dann um die Verpackung vom Eis und nicht, wie das Eis selber schmeckt. Es ging um die Medien, es ging um einen Zwischenbericht. Es ging um die Pressekonferenz, es ging um eine, die die PR-Agentur. Was am Ende bleibt: Eine Rüge des deutschen PR-Rats gegen Storymachine". ---- [Quelle]
"[...] Der Rat spricht allerdings eine Rüge gegen Storymachine aus wegen der Rufschädigung des Berufsstands durch unprofessionelles Verhalten."  [Quelle DRPR]

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Und nun, August 2020, sieht das so aus:

Die Statistik:

Die Presse [spiegel.de] schreibt:

  • China meldet die höchsten Fallzahlen seit drei Monaten, 
  • das Auswärtige Amt rät erneut von Reisen in Teile Spaniens ab, 
  • Italien will den Ausnahmezustand verlängern, 
  • in Israel regt sich Widerstand gegen Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, nachdem die Corona-Neuinfektionen einen neuen Rekordwert erreicht haben. 
  • Und in Australien gilt nach der Metropole Melbourne nun auch die größte Stadt Sydney als neuer Hotspot. 
  • Nicht nur in Deutschland stieg die Zahl der Corona-Infektionen zuletzt wieder bedenklich, 
  • die Meldungen aus aller Welt dokumentieren: Das Coronavirus bleibt gefährlich, eine erneute Ausbreitung ist jederzeit möglich.
  • Siehe auch: Vor sechs Monaten breitete sich das Coronavirus rasant in Europa aus. Die Länder reagierten ganz unterschiedlich darauf - mit entsprechenden Konsequenzen. Eine Bilanz der ersten Pandemiewelle in Zahlen.

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Und was macht Schweden Mitte August 2020?

"Um 8,6 Prozent ist das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal geschrumpft, haben die Statistiker vermeldet. In normalen Zeiten wäre das ein verheerender Einbruch. 

In Corona-Zeiten ist Schweden damit ökonomisch fast schon ein Vorzeigestaat - verglichen mit Ländern wie 

  • Deutschland (-10,1 Prozent), 
  • Frankreich (-13,8 Prozent), 
  • Spanien (-18,5 Prozent) 
  • oder der EU insgesamt, deren Wirtschaftsleistung im Pandemie-Quartal April bis Juni wohl um fast 12 Prozent abgerauscht ist.

Schon in den ersten drei Monaten dieses Jahres, als es losging mit Corona, hatte Schweden besser abgeschnitten als der Durchschnitt. Und so erwarten führende Ökonomen, dass die Skandinavier das Pandemiejahr 2020 mit einem viel geringeren Minus abschließen werden als die meisten übrigen europäischen Staaten. 

  • Es ist großer Erfolg - ein zweifelhafter allerdings. Bezogen auf die vielen Covid-19-Toten scheint das Land für seine relativ stabile wirtschaftliche Lage einen hohen Preis zu zahlen."

Quelle: spiegel.de 12. August 2020, 10:46 Uhr


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